Erstmals ein Hoffnungsschimmer für Syrien

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Zum ersten Mal seit Kriegsbeginn ziehen Moskau und Washington an einem Strang: Eine Konferenz soll die Gegner an einen Tisch bringen. Trotz Friedensbemühungen liefert Moskau weiter Waffen an das Assad-Regime.

Kairo/Damaskus. Vergangene Woche wollte Syrien-Vermittler Lakhdar Brahimi noch alles hinwerfen. Nun spricht er von „der ersten hoffnungsvollen Nachricht für dieses unglückliche Land seit langer Zeit“. Zum ersten Mal seit gut zwei Jahren Krieg und Zerstörung in Syrien, zum ersten Mal seit der Totalblockade im UN-Sicherheitsrat haben sich die beiden globalen Gegenspieler USA und Russland deutlich aufeinander zubewegt. Bei seinem Besuch in Moskau einigte sich US-Außenminister John Kerry nach einem Gesprächsmarathon mit seinen Gegenspielern Wladimir Putin und Sergej Lawrow darauf, bis Ende Mai eine internationale Syrien-Konferenz einzuberufen, um das Assad-Regime und die Aufständischen endlich zu Verhandlungen über ein Ende des Bürgerkriegs zu zwingen.

Selbst beim heiklen Thema Bashar al-Assad scheint es eine Annäherung zu geben. „Wir sind nicht interessiert am Schicksal bestimmter Leute, uns geht es um das Schicksal des syrisches Volkes“, erklärte Russlands Außenminister Lawrow. Trotzdem schickt Moskau unbeirrt weiter Sprit, Munition und Lebensmittel nach Damaskus. Auch gibt es Hinweise, dass der Kreml erwägt, der Assad-Armee modernste Luftabwehrraketen vom Typ SS 300 zu liefern.

Ein Drittel der Bürger auf Flucht

Mehr als 70.000 Menschen haben in dem bestialischen Morden bisher ihr Leben verloren, ein Drittel der 22 Millionen Syrer sind auf der Flucht. Den USA und Russland scheint inzwischen klar, dass am Ende ein völlig verwüstetes und von islamistischen Warlords kontrolliertes Syrien stehen könnte, ein zweites Afghanistan, diesmal im Herzen der arabischen Welt.

Denn in dem Mittelmeerstaat kreuzen sich nicht nur die Interessen der Großmächte USA, Russland und China, sondern auch der arabischen Nachbarn, der arabischen Golfstaaten sowie der nicht arabischen Regionalmächte Iran, Türkei und Israel. Längst werden auf syrischem Boden erbitterte regionale Stellvertreterkriege ausgefochten zwischen der schiitischen Vormacht Iran und dessen sunnitischen Kontrahenten Türkei und Saudiarabien, nach den jüngsten Luftangriffen auch zwischen Israel und seinen Erzfeinden Hisbollah und Teheran. Jede weitere Eskalation bedroht die ganze Region.

Frachtflugzeuge der Islamischen Republik schaffen unablässig Waffen und Munition heran. Revolutionäre Garden bilden einheimische Regimemilizen im Häuserkampf aus. Hisbollah-Kämpfer operieren zu Hunderten, wenn nicht zu Tausenden auf syrischem Boden. Assads „wahre Freunde“ würden seinen Sturz nicht zulassen, trompetete Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah. Die Golfmächte Saudiarabien und Katar dagegen rüsten sunnitische Gotteskriegerbrigaden auf, die mittlerweile die Hauptlast des Kampfes tragen und sich teilweise offen zu al-Qaida bekennen.

Zu den schärfsten Kritikern Syriens auf der internationalen Bühne gehört der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan. Sein Land trägt neben Jordanien die Hauptlast bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Über sein Territorium läuft ein Großteil der Waffenlieferungen an die Rebellen.

Geht Netanjahus Kalkulation auf?

Israel dagegen hat kein Interesse daran, sich in den Bürgerkrieg vor seiner Haustür verwickeln zu lassen. Seine Führung hat in erster Linie den Konflikt mit dem Iran im Auge. So galten die Luftschläge angeblich einer Ladung iranischer Fateh-110-Raketen für die Hisbollah, die vom Südlibanon aus Tel Aviv erreichen können. Premierminister Benjamin Netanjahu kalkuliert, dass momentan weder Syrien noch der Iran noch die Hisbollah zu Vergeltungsangriffen in der Lage sind, weil das Bürgerkriegschaos ihre Kräfte zu stark bindet. Dass diese Rechnung am Ende aufgehen wird, davon sind nicht alle überzeugt. „Bisher ist Israel nicht in einen Krieg in Syrien verwickelt“, urteilt Eyal Zisser, einer der besten israelischen Kenner Syriens. „Aber der Krieg kommt näher.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.05.2013)

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