Der Syrien-Krieg hat das Umfeld für die Golan-Truppe radikal verändert. Auch an Schauplätzen wie Bosnien schlitterten UN-Soldaten in unvorhergesehene Schwierigkeiten.
Der Auftrag war viele Jahre hinweg klar gewesen: Die UN-Soldaten hatten auf dem Golan einen Waffenstillstand zu überwachen – und zwar mit dem vollen Einverständnis der beiden Konfliktparteien Israel und Syrien. Dafür genügte es, mit relativ leichtem Gerät ausgerüstet zu sein. Am Auftrag hat sich nichts geändert. Sehr wohl aber an der Lage rund um das Einsatzgebiet. Denn mittlerweile ist eine dritte Partei dazugekommen, die nichts mit dem ursprünglichen Konflikt zu tun hat: die syrischen Aufständischen. Und eine der vielen Rebellenfraktionen hat nun erneut philippinische UN-Soldaten gefangen genommen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Blauhelme einen Einsatz starten, dessen Bedingungen sich plötzlich verändern. So wurden etwa 1992 während des Jugoslawien-Krieges UN-Truppen nach Kroatien geschickt. Als sie in ihre Mission gingen, waren die Kämpfe bereits abgeflaut. Zwar wurde er nicht völlig eingehalten, doch es gab so etwas wie einen Waffenstillstand der kroatischen Armee mit Jugoslawiens Streitkräften und den serbischen Milizen, die Teile Kroatiens unter ihre Kontrolle gebracht hatten.
Die Beruhigung der Lage in Kroatien bedeutete aber nicht viel: Das Blutvergießen in Ex-Jugoslawien begann jetzt erst so richtig. Es verlagerte sich nur an eine andere Front: nach Bosnien und Herzegowina. Die UN-Soldaten, die zu diesem Zeitpunkt bereits in Bosnien stationiert waren, sollten von hier aus eigentlich die Mission in Kroatien unterstützen. Doch nun fanden sie sich inmitten eines Krieges wieder, der von Tag zu Tag brutaler geführt wurde. Die UN-Soldaten versuchten, humanitäre Hilfe zu unterstützen. Doch sie gerieten dabei immer mehr zwischen die Fronten. Weder ihr Mandat noch ihre Truppenstärke noch ihre Bewaffnung reichte dafür aus, mit Gewalt die Kämpfe und die schweren Kriegsverbrechen in Bosnien zu stoppen.
Das Mandat ist zentral bei jedem Einsatz: Denn die UN-Soldaten dürfen nur das tun, wozu sie vom UN-Sicherheitsrat beauftragt worden sind – ein Gremium, in dem die Großmächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien ein Veto besitzen. Auch 1994 in Ruanda waren UN-Soldaten und unbewaffnete Beobachter zugegen, als Hutu-Milizen über die Tutsi-Minderheit herfielen. Die „Unterstützungsmission“ hatte seit 1993 die Aufgabe, ein Abkommen zwischen Ruandas Regierung und Tutsi-Rebellen zu überwachen. Als ein Jahr später das gewaltige Massaker begann, schauten die Blauhelme untätig zu. Sie hatten vom Hauptquartier in New York und von den Großmächten weder Mittel noch grünes Licht dafür bekommen, den Genozid zu verhindern.
Schutz für syrische Zivilisten
Für die Blauhelme auf den Golanhöhen gab die UNO im Juni präzisere Richtlinien heraus: So sollen UN-Soldaten nach Ermessen ihres Kommandanten auch syrische Zivilisten beschützen dürfen, die sich in die Pufferzone retten. Der Selbstschutz stand den Soldaten ohnehin seit jeher frei. Das heißt: Sie dürfen sich wehren, wenn jemand sie angreift oder entführen will – so wie jetzt die philippinischen Blauhelme. Doch das ist auch eine Frage der eigenen Möglichkeiten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2013)