Das Bekenntnis der Angelina Jolie

Angelina Jolie
Angelina Jolie(c) REUTERS (TOBY MELVILLE)
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US-Schauspielerin Angelina Jolie ließ sich vorsorglich beide Brüste entfernen. Wie sie trägt eine von 500 Frauen eine risikoreiche Genmutation. In Österreich wird gezielt getestet.

[New York/Wien/TES] Judy aus Los Angeles hat ein mutiertes „BRCA"-Gen - und ihr begeisterter Kommentar steht als erster unter dem Artikel Angelina Jolies auf der Homepage der „New York Times". Darin hat die Hollywoodschauspielerin am Dienstag bekannt gegeben, sie habe sich vorsorglich beide Brüste entfernen lassen.
„Angelina Jolie", schreibt Judy, „ist die Ikone einer schönen Frau." Wenn sie den Mut habe, so etwas zu tun, dann helfe das auch allen anderen Trägerinnen des BRCA-Gens, die sich Ähnliches trauen, „als weniger extrem angesehen zu werden".

Solche Reaktionen dürften wohl ganz im Sinn der Autorin sein. Unter dem Titel „Meine medizinische Entscheidung" hat Jolie, ein selbstbewusster Hollywood-Star mit dem Ruf, keine halben Sachen zu machen, ihren bereits im Februar erfolgten Schritt nun öffentlich erklärt. Sie trage das Gen BRCA1, das ihr Risiko, an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken, drastisch erhöht. Schätzungen ihrer Ärzte zufolge habe das Brustkrebsrisiko für sie 87 Prozent betragen, auch jenes für Eierstockkrebs liege bei rund 50 Prozent.

Ihre Mutter, so schrieb die 37-Jährige, habe fast ein Jahrzehnt lang gegen den Krebs gekämpft und sei schließlich mit 56 Jahren gestorben. Sie und ihre sechs Kinder hätten oft darüber gesprochen. „Sie haben mich gefragt, ob mir das Gleiche passieren kann." Sobald sie über ihr Risiko Bescheid gewusst habe, so Jolie, „habe ich entschieden, proaktiv zu sein und das Risiko zu reduzieren, so gut ich kann". Beginnend mit den Brüsten, die das noch höhere Risiko bergen.

Rekonstruktion mit Implantaten

Am 2. Februar habe sie mit einer Behandlung zur Erhaltung der Brustwarzen begonnen. Zwei Wochen später sei die Hauptoperation erfolgt, bei der das Brustgewebe entfernt und temporäre Füllungen eingesetzt wurden. Beim Aufwachen habe sie sich „wie in einer Szene aus einem Science-Fiction-Film gefühlt". Aber schon Tage nach der Operation könne man in ein normales Leben zurückkehren. Neun Wochen später sei der letzte Schritt vorgenommen worden, die Rekonstruktion durch Implantate.
Während der dreimonatigen Behandlung, schrieb die Schauspielerin und Regisseurin, sei es ihr nicht nur gelungen, die Operation geheim zu halten, sie habe auch weitergearbeitet. Leicht sei die Entscheidung zur Mastektomie nicht gewesen, aber sie sei „froh, sie getroffen zu haben". Die Narben seien klein, ihr Brustkrebsrisiko sei auf unter fünf Prozent gesunken. Und sie habe sich entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen, da sie hoffe, dass sich auch andere Frauen testen ließen.

„Ein echtes Damoklesschwert"

Wie Jolie trägt eine von 500 bis 700 Frauen ein derart mutiertes Gen. „Frauen mit solchen Mutationen haben internationalen Studien zufolge ein 50-prozentiges Risiko, bis zum 50. Lebensjahr an Brustkrebs zu erkranken", sagt der Gynäkologe Christian Singer von der MedUni Wien zur „Presse". Bis zum Lebensende steige das Risiko auf 85 Prozent. „Das ist ein echtes Damoklesschwert." Dazu komme eine 65-prozentige Wahrscheinlichkeit, an Eierstockkrebs zu erkranken. Seit 2005 kann man sich an der Frauenklinik des AKH - als einzigem Zentrum in Österreich - einem Gentest unterziehen, der über eine mögliche Mutation Aufschluss gibt.

Der Test ist gratis, wenn eine Familienanamnese für ein erhöhtes erbliches Risiko spricht. „Da gehen wir gezielt vor", sagt Singer. Liegt eine Genveränderung vor, gebe es diverse Wege, damit umzugehen. „Die meisten Frauen entscheiden sich für ein Früherkennungsprogramm. Jene, die wollen, dass der Krebs gar nicht erst ausbricht, für vorbeugende Entfernung."

Von wegen entstellend

Auf knapp ein Fünftel schätzt er den Anteil der Frauen, die wie Jolie die drastischste, aber wirksamste Möglichkeit wählen. Die Vorstellung einer entstellenden Operation entkräftet Singer. „Man kann bereits bei der Operation Prothesen einsetzen. Dann sieht es aus wie nach einer Brustkorrektur." Oder, wie Angelina Jolie schreibt: „In den letzten Jahren hat es hier viele Fortschritte gegeben, und das Resultat kann wunderschön sein." Jolies Lebensgefährte, Hollywood-Star Brad Pitt, lobte ihren Mut zur Brustamputation. Die Entscheidung sei "absolut heroisch", erklärte er dem britischen "Evening Standard". Und weiter: "Alles, was ich mir wünsche ist, dass sie ein langes und gesundes Leben mit mir und unseren Kindern hat. Das ist ein glücklicher Tag für unsere ganze Familie."

www.brustgenberatung.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2013)

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