Giftgas-Angriff befürchtet: Was geschah in Sarakeb?

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Die britische BBC hat konkrete Hinweise auf einen Chemiewaffen-Einsatz in der syrischen Stadt Sarakeb. Ein Zeuge: "Es fühlte sich an, als sei man tot."

Im syrischen Bürgerkrieg vergeht kaum ein Tag, ohne dass Regime oder Rebellen des Einsatzes von Chemiewaffen bezichtigt werden. Zahlreiche Geheimdienste - von den USA bis Israel - wollen Hinweise auf Gift-Angriffe haben. Die britische BBC berichtet nun ganz konkret über einen möglichen Einsatz der tödlichen und international verbotenen Waffen. Der Sender nennt Ort, Zeit und mögliche Opfer.

Der Vorfall soll sich im April in der nördlichen Stadt Sarakeb zugetragen haben. Augenzeugen berichten, dass Kampfhubschrauber des Regimes von Bashar al-Assad zwei Behälter mit giftigem Gas abgeworfen haben. Ärzte erzählten dem Sender, dass acht Personen mit schweren Atemproblemen eingeliefert wurden. Der BBC liegen zudem mehrere Videos vor, die den Verdacht des Einsatzes von Chemiwaffen in Sarakeb zumindest erhärten.

"Es fühlte sich an, als sei man bereits tot"

„Es war ein fürchterlicher Gestank. Man war nicht in der Lage richtig zu atmen. Es fühlte sich an, als sei man bereits tot. Ich konnte für drei Tage nichts sehen", erklärte Mohammed Khatib der BBC. Er war an den Schauplatz geeilt, um seiner Mutter zu helfen - vergeblich. Sie starb später an den Folgen des Angriffs.

Der britische Chemiewaffenexperte Hamish de Bretton-Gordon erklärte, die Indizien aus Sarakeb „seien stark, aber noch unvollständig". Die Beobachtungen aus Sarakeb und anderen Schauplätzen des Bürgerkriegs in den vergangenen Wochen sind aber in jedem Fall alarmarierend: „Die Menschen wurden krank und starben später an Symptomen, die man von einem Nervengas -sei  es Sarin oder ein Organophosphat - erwarten würde." Sarin ist allerdings geruchlos.

Die Berichte bringen US-Präsident Barack Obama weiter unter Druck. Der Präsident bezeichnete den Einsatz von Chemiewaffen als Überschreiten der „roten Linie", das ein militärisches Einschreiten erzwingen würde. Noch zeigt sich Obama aber zögerlich.

Berichte aus dem Bürgerkriegsland Syrien sind schwer zu verifizieren, wie auch die BBC in dem Bericht - trotz aller Hinweise - betont. Rebellen und Regime haben bisher stets bestritten, jemals Chemiewaffen eingesetzt zu haben.

Chemiewaffen in Syiren

Syriens Vorräte an Chemiewaffen gelten als die größten in der Region und sollen unter anderem aus Senfgas und den Nervengiften Sarin und VX bestehen. Nach den Niederlagen in den Kriegen gegen Israel in den Jahren 1967, 1973 und 1982 begann die Regierung in Damaskus in den frühen 1980er-Jahren, ein Arsenal an Chemiewaffen zu unterhalten und durch Zukäufe zu erweitern.

Experten von Global Security haben vier mutmaßliche Produktionsstätten ausgemacht: Zum einen nördlich von Damaskus und nahe der Industriestadt Homs. In Hama soll eine Anlage Sarin, Tabun und VX herstellen. Eine vierte Stätte soll sich in der Hafenstadt Latakia am Mittelmeer befinden. Syrien ist eines von nur acht Ländern, die die UN-Chemiewaffenkonvention nicht unterschrieben haben.

(Red.)

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