Die freigelassene Jemen-Geisel schildert in "News" ihr Martyrium, das bis zur Scheinhinrichtung reichte. Lobbyierten die USA gegen eine Lösegeldzahlung?
Die freigelassene Jemen-Geisel Domink N. hat erstmals ihr Martyrium geschildert. Monatelang lebte der Wiener unter Sprechverbot in vollkommener Dunkelheit, untertags mit Ketten an den Füßen, beschallt von Koran-Versen. „Es krochen immer wieder Skorpione, Spinnen und auch Schlangen in den Raum", sagt der Sprachstudent in einem Interview mit „News". Selbst eine Scheinhinrichtung musste der 26-Jährige demnach während seiner 139-tägigen Gefangenschaft über sich ergehen lassen.
Dominik N. war am 21. Dezember in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa entführt worden. Bis dahin habe er sich sicher gefühlt. „In den Gegenden von Sanaa in denen ich mich bewegte, gab es in den vergangenen zehn Jahren keine einzige Entführung", sagt der Politikwissenschaftler, der vor seiner Reise für den Europäischen Auswärtigen Dienst der EU gearbeitet hatte.
N. wurde gemeinsam mit einem finnischen Paar in einem Elektrogeschäft verschleppt. Die Entführung wirkte auf ihn nicht geplant. Das Auto sei ein Dreitürer gewesen, die Hauptpolizeistation nur 50 Meter entfernt. Nach einer Zwischenstation wurde N. in einem winzigen Raum einer Lehmhütte festgehalten, die Wände so niedrig, dass er sich nur gebückt fortbewegen konnte. Der Wiener zu „News": „Du sitzt da, die Füße (Anm.: untertags) in Ketten gelegt, kauerst auf einer Matratze, siehst nichts und hörst nur Koran-Verse, unterbrochen von den Geräuschen einschlagender Bomben und Schüsse." N. vermutet, dass diese Geräusche von Propaganda-Videos stammten.
"Ich höre wie eine Waffe durchgeladen wird"
In der Nacht auf den 4. März schließt N. mit seinem Leben ab. Die Entführer befehlen ihm, sich irgendwo in der Wüste neben ein Auto zu knien. „Ich höre wie eine Waffe durchgeladen wird und spüre ihren Lauf am Hinterkopf. Und dann, als ich mit allen abgeschlossen hatte, fragt mich jemand auf Englisch, ob ich zum Islam übertreten möchte." N. sagt ein paar Koranverse auf. Künftig wird er „Bruder" genannt, sein Name ist nun Abdullah. Doch an seiner Situation habe dies nichts verbessert: „Jeder, der von uns Christen in ihr Land kommt, ist ein Ziel, ein Feind, ein Verbrecher." Der Wiener sagt in dem Interview dann auch, er sei sich ziemlich sicher, "dass es tatsächlich Islamisten waren, an die wir gerieten".
N. weiß nach eigenen Angaben nicht, wie seine Freilassung gelaufen ist, ob, wie viel und von wem Lösegeld gezahlt wurde. Zu der Forderung, ihn an den Kosten der Republik zu beteiligen, sagt N., er habe sich über die Sicherheitslage gut informiert gefühlt: „Hinzu kommt, dass zum Zeitpunkt meiner Entführung auch keine Reisewarnung vorlag. Bislang hat auch niemand eine Forderung an mich gerichtet."
Wollten USA Lösegeldzahlungen stoppen?
„News" berichtet in der aktuellen Ausgabe auch, dass die USA gegen Lösegeldzahlungen lobbyierten. Dominik N. hätte demnach „schon viel früher befreit werden können", schreibt das Magazin. Denn die CIA hätte Finnland und Österreich zunächst mit Nachdruck davon abgebracht, Lösegeld für die Geiseln zu zahlen - und das obwohl eine der finnischen Geiseln sogar versichert gewesen sein soll.
Die USA sollen auch eine Rolle im Fall Bert N. gespielt haben. Das Entführungsdrama um den Oberösterreicher nahm bekanntlich einen tödlichen Ausgang. „News" zitiert aus einem Aktenvermerk zu einem Arbeitsgespräch zwischen Innenministerium und Heeresnachrichtenamt im Juli 2007. Darin ist von dem "erschwerenden Umstand" die Rede, dass Nussbaumer "gemeinsam mit vier US-Bürgern entführt wurde und die USA ja nicht bereit sind auf finanzielle Forderungen einzugehen". Verfasst wurde die Notiz laut "News" von Erich Zwettler, einstigem Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes (BKA) und heutigem Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz (LVT). Die Leiche von Bert N. wurde Anfang 2008 gefunden.
(Red.)