Bawag-Verfahren: Elsner will neuen Prozess

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Der Freispruch für Wolfgang Flöttl wurde rechtskräftig - für den verurteilten Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner ist dies ein Ansporn, weiterzukämpfen.

Die Ausgangslage ist von zwei konträren Polen geprägt: Auf der einen Seite steht Helmut Elsner (78), der frühere Generaldirektor der Bawag. Er wurde wegen Untreue zur Höchststrafe, zu zehn Jahren Freiheitsentzug, verurteilt. Elsner hat laut rechtskräftigem Spruch Bankgelder, 1,4 Milliarden Euro, durch Spekulationsgeschäfte verloren. Auf der anderen Seite: Elsners Spekulant Wolfgang Flöttl; also jener Mann, der das Geld in die Hand nahm. Und, wie er angibt, zur Gänze verlor. Flöttl bekam einen Freispruch. Dieser ist, wie berichtet, seit Kurzem rechtskräftig.

„Absolut lächerlich“, meint Elsner – eben diese Ausgangslage vor Augen im Gespräch mit der „Presse“. Er setzt sich nun dafür ein, dass das Bawag-Verfahren neu aufgerollt wird.

Freispruch trotz Geständnisses

Rückblende: Mit Elsners Schuldspruch wurde auch jener für seinen Nachfolger an der Spitze der früheren Gewerkschaftsbank, Johann Zwettler, rechtskräftig. Zwettler bekam fünf Jahre Haft. Er musste aus gesundheitlichen Gründen nie ins Gefängnis. Elsner hingegen saß viereinhalb Jahre hinter Gittern. Mitte 2011 wurde er – auch aus gesundheitlichen Gründen – entlassen. Mittlerweile gilt auch er als „immerwährend vollzugsuntauglich“. Und Flöttl? Er hatte wegen Beteiligung an der Untreue zweieinhalb Jahre teilbedingte Haft bekommen. Der OGH hob dieses Urteil auf. Denn: Das Erstgericht hatte Flöttls Untreue-Vorsatz unrichtig begründet. So etwas sollte dem Gericht kein zweites Mal passieren: Bei der Prozesswiederholung erging nämlich ein glatter Freispruch. Nun entschied die Anklage, diesen Freispruch nicht zu bekämpfen, weshalb er rechtskräftig wurde.

Angemerkt sei, dass Flöttl im ersten Prozess ein Teilgeständnis abgelegt hatte. Er gab zu, im Herbst 1998 „nicht sicher“ gewesen zu sein, ob er einen Betriebsmittelkredit der Bawag, 90 Millionen US-Dollar, würde zurückzahlen können. Er gestand somit Beihilfe zur Untreue. Flöttl müsse nicht gewusst haben, dass die Bank das Spekulationsgeld nicht hätte ausschütten dürfen, hieß es im zweiten Prozess. Daher erging – trotz Geständnis – der Freispruch. Elsner lässt dies so nicht gelten. Gleichsam nach dem Motto „Jetzt erst recht“ kämpft er an zwei Fronten weiter.

Erstens: Er hat Klage vor dem State Supreme Court New York eingebracht. Elsner begehrt 1,8 Milliarden Dollar Schadenersatz, den Gegenwert des laut Wiener Strafgericht von ihm verursachten Spekulationsschadens. Die Klage knüpft an den 2006 in den USA geschlossenen Vergleich (Non Prosecution Agreement) der Bawag mit den Refco-Gläubigern an. Letztere haben auf Basis des Vergleichs (Volumen: 1,3 Milliarden Euro) auf Klagen gegen die Bawag – sie war an Refco beteiligt – verzichtet.

Klagen gegen Hundstorfer

Elsner führt nun ins Treffen, dass er in dem Vergleich als Mitschuldiger für die Refco-Pleite hingestellt worden sei. Dies will er nicht auf sich sitzen lassen. Als Beklagte scheinen unter anderem Ex-Bawag-Chef Ewald Nowotny, der heutige OeNB-Gouverneur, und Ex-ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer, nunmehr SPÖ-Sozialminister, auf. Deren Anwälte haben, laut Elsner, mittlerweile formelle Einwände gegen die Klage erhoben: „Sie wollen die Klage wegbringen. Das wird ihnen aber nicht gelingen.“

Zweitens: Da das österreichische Strafverfahren nun eben endlich rechtskräftig entschieden ist, könnte es nur auf dem Weg einer sogenannten „Wiederaufnahme“ neu belebt werden. Eben das hat Elsner vor. Derzeit holt er von jenen US-Börsen, an denen Flöttl spekuliert hat, Berichte ein. Diese sollen zeigen, dass das Geld gar nicht zur Gänze verspekuliert wurde. Elsner: „Genau das werde ich aufdecken.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2013)

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