Erdoğans schwierige Syrien-Mission

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Der türkische Premier Erdoğan versuchte US-Präsident Obama in Washington von einer härteren Gangart in Syrien zu überzeugen.

Wien/Washington/Ankara/Hd. Als Gast legt man gewöhnlich eine gewisse Zurückhaltung an den Tag. Nicht so Recep Tayyip Erdoğan. Noch bevor der türkische Premier nach Washington flog, wo er Donnerstagabend mit US-Präsident Barack Obama zusammentraf – geplant waren ein zweistündiges Gespräch und ein Dinner im Weißen Haus, ließ er Obama wissen, was er von der neuen russisch-amerikanischen Syrien-Initiative hält: „Das ist eine Übung in Sinnlosigkeit.“

Der mit immer größerer Brutalität ausgetragene Bürgerkrieg in Syrien ist das Hauptthema des Besuches, und die beiden Nato-Verbündeten USA und Türkei sind sich nur über das Ziel einig: ein möglichst rasches Ende des Assad-Regimes. Über die Mittel herrschen hingegen recht unterschiedliche Vorstellungen. Die Türkei, die ein wichtiges Bindeglied bei der Lieferung von Waffen an die syrischen Rebellen ist, befürwortet ein wesentlich vehementeres Vorgehen als die Regierung Obama, bis hin zur militärischen Intervention. Ankara fordert zumindest eine Flugverbotszone und die Einrichtung einer Pufferzone auf syrischem Gebiet. Doch dazu sind weder Nato noch USA bisher bereit.

Washington scheint weiter auf eine Einbindung Russlands zu setzen und will den Erfolg, den Außenminister John Kerry jüngst aus Moskau mitgebracht hat – die Verständigung auf eine Syrien-Konferenz im Juni unter Beteiligung des Assad-Regimes und der Opposition – nicht gefährden.

Uneinig auch wegen Hamas

Die Regierung in Ankara steht hingegen wegen ihrer Syrien-Politik intern immer stärker in der Kritik, besonders seit dem verheerenden Anschlag, bei dem in der Grenzprovinz Hatay vergangene Woche 51 Menschen getötet wurden. Die Türkei beschuldigte den syrischen Geheimdienst, hinter dem Attentat zu stecken. Erdoğan sei daher wohl kaum in Stimmung, sich US-Bedenken bezüglich einer Radikalisierung der Rebellen anzuhören, analysiert die regierungsnahe Zeitung „Zaman“ in ihrer englischen Ausgabe. Unter Verweis auf diese Radikalisierung durch jihadistische Elemente hat Washington bisher Waffenlieferungen an die Rebellen abgelehnt.

Swoboda verteidigt Erdoğan

Dissens gibt es auch im Nahost-Konflikt, wegen der demonstrativen Nähe der türkischen Regierung zur islamistischen Hamas, die den Gazastreifen regiert. Immerhin hat es die US-Diplomatie geschafft, das Verhältnis zwischen den einstigen Verbündeten Türkei und Israel wieder zu verbessern.

Für Aufsehen in der Türkei sorgt derweil Hannes Swoboda: Der Chef der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament lud kurzerhand den türkischen Oppositionsführer Kemal Kiliçdaroğlu wieder aus, mit dem ein Treffen in Brüssel vereinbart war. Der Grund: Kiliçdaroğlu hatte Erdoğan mit Assad verglichen. Es gebe vieles, wofür man Erdoğan kritisieren könne, meinte Swoboda, aber dieser Vergleich sei „nicht akzeptabel“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.05.2013)

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