Als eine linke Troika die Politik in Europa dominierte

Bruno Kreisky
Bruno Kreisky(c) APA/JAEGER ROBERT (JAEGER ROBERT)
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Willy Brandt, Bruno Kreisky und Olof Palme prägten in den 1970er Jahren die Blütezeit der Sozialistischen Internationale.

Wien. vierWien. Noch auf dem Sterbebett sorgte sich Willy Brandt um sein politisches Liebkind, die Sozialistische Internationale. Sie lag dem ehemaligen deutschen Bundeskanzler und langjährigen SI-Vorsitzenden so sehr am Herzen, dass er im September 1992 seinen Mitstreiter Hans-Jochen Vogel bat, beim Berliner SI-Kongress einen Brief zu verlesen – quasi sein Testament. Es endete mit dem Appell: „Besinnt Euch auf Eure Kraft.“

Drei Jahre zuvor hatte sich der von Krankheit gezeichnete Bruno Kreisky noch einmal aufgerafft, das SI-Treffen in Stockholm zu besuchen. Damals war der Dritte im Bunde – der Schwede Olof Palme – bereits seit drei Jahren tot, heimtückisch niedergestreckt von einem Attentäter nach einem Kinobesuch in der Stockholmer Innenstadt.

Seit den 1970er-Jahren hatten die drei sozialdemokratischen Führungsfiguren als Troika die Sozialistische Internationale geprägt: Brandt als SI-Vorsitzender, Kreisky und Palme als seine Stellvertreter. „Die drei verwandelten den europäischen Veteranenklub der Arbeiterbewegung in ein globales Forum für unterschiedliche progressive Parteien“, urteilte der österreichisch-deutsche Journalist Werner A. Perger in der „Zeit“. Die drei Politiker verband mehr als ihre Liebe zu Skandinavien: Brandt und Kreisky flohen vor den Nationalsozialistischen ins Exil in den Norden, der Deutsche nach Norwegen, der Österreicher nach Schweden.

Während sich Österreichs Bundeskanzler im Nahost-Konflikt engagierte und für die Sache der Palästinenser eintrat, ging es Brandt und Palme vor allem um die Verteilungsgerechtigkeit im Nord-Süd-Konflikt.

Zuweilen kamen die drei Galionsfiguren der Sozialdemokratie in der Kreisky-Villa in der Döblinger Armbrustergasse zum Meinungsaustausch zusammen. Als die „drei Musketiere“, so Brandt-Biograf Peter Merseburger, dominierten sie das „sozialdemokratische Jahrzehnt“ der 1970er-Jahre – oft zum Ärger von Brandts Parteifreund Helmut Schmidt: „Willy verstand nichts von Wirtschaft“, ätzte der Weltbürger aus Hamburg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2013)

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