SPÖ und ÖVP beschließen ein Frühwarnsystem zur Erkennung von maroden Banken. Doch das wäre bei der Hypo sinnlos gewesen.
Wien. Im Herbst 2008 musste die Kommunalkredit mit der Verstaatlichung vor der Pleite gerettet werden. Seit damals wird in Österreich über die Einführung eines Bankeninsolvenzrechts diskutiert. Die erste Initiative kam von Ex-Finanzminister Josef Pröll (ÖVP, arbeitet jetzt für Raiffeisen). Dieser erklärte nach dem Staatseinstieg bei der Hypo Alpe Adria, die Eigentümer von Banken „sollen nicht nur dabei sein, wenn es Gewinne gibt, sondern auch, wenn es wirtschaftlich schlecht geht“.
Im Sommer 2011 unternahm Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) einen neuen Anlauf. Er erklärte nach einer Regierungsklausur, dass es im Winter 2011 ein Insolvenzrecht für Finanzinstitute geben soll.
Wichtige Fragen bleiben ungeklärt
Doch erst am gestrigen Dienstag beschloss der Ministerrat das „Bankeninterventions- und -restrukturierungsgesetz“ (Birg). Dabei handelt es sich um keinen großen Wurf, sondern nur um ein Insolvenzrecht „light“. Denn auf wichtige Fragen, wie eine marode Bank geschlossen und abgewickelt werden kann, geht das Gesetz gar nicht ein. Die Regierung einigte sich lediglich auf ein Frühwarnsystem, um mögliche Bankenpleiten leichter abwehren zu können. So müssen die Institute künftig vorbeugend ein „Testament“ machen, um im Ernstfall rascher umgebaut werden zu können.
Bis Anfang Juli 2014 sollen in Österreich 150 Großbanken einen solchen Sanierungsplan fertig haben, alle anderen Institute haben bis Juli 2015 Zeit. Die Pläne sind nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, sondern werden von der Finanzmarktaufsicht (FMA) unter Verschluss gehalten.
Weiters darf die FMA bei den Banken künftig präventiv eingreifen, sobald deren Eigenmittel unter eine kritische Marke fallen. Doch selbst Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) räumt ein, dass man mit solchen Vorgaben das Debakel bei der Hypo Alpe Adria nicht verhindern hätte können. Denn bei der Hypo-Verstaatlichung sei es um die Kärntner Landeshaftungen gegangen, die bei einer Pleite schlagend geworden wären. Kärnten haftet noch immer mit 14 Milliarden Euro für die Hypo.
Ein richtiges Insolvenzrecht für Banken gibt es erst dann, wenn auch die Beteiligung der Gläubiger und Sparer geregelt wird. Doch hier wartet Österreich noch auf die EU-Vorgaben. Die EU-Kommission arbeitet seit Jahren an einem Plan für die Errichtung einer Bankenunion. Ziel ist eine einheitliche Bankenaufsicht und eine gemeinsame Einlagensicherung. Außerdem sollen nationale Fonds für die Abwicklung maroder Finanzkonzerne gegründet werden. Wie die Finanzierung dieser Fonds aussehen könnte und welchen Beitrag die Gläubiger leisten sollen, ist offen. Das Ganze dauert deswegen so lange, weil die Lobbyisten der Finanzbranche in Brüssel noch diverse Sonderwünsche durchsetzen wollen. Schließlich bedeutet ein Insolvenzrecht schwerwiegende Eingriffe in die Rechte der Bankeigentümer.
Die Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht kritisieren daher, dass in dem von der Wiener Regierung vorgelegten Gesetz die nötigen „Abwicklungsinstrumente“ für Pleitebanken fehlen. Solche Instrumente seien „für einen wirksamen Rechtsrahmen zur Abwicklung von Kreditinstituten unumgänglich“, betont die Finanzmarktaufsicht. Auch die Nationalbank hält die Regeln nur für „bedingt praktikabel“. Sie seien für einen „geordneten Marktaustritt“ von größeren Instituten nicht wirklich geeignet.
Andere Länder wie Deutschland und Großbritannien haben nicht auf die EU-Pläne gewartet und von sich aus ein nationales Insolvenzrecht für Banken beschlossen. In Österreich warnten vor allem Raiffeisen und die Sparkassen die Regierung vor einem nationalen Alleingang.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2013)