Wirtschaftsmediation in der Warteschlange

Wirtschaftsmediation Bawag P.S.K
Wirtschaftsmediation Bawag P.S.K(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
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Wenn Mediation scheitert: Der Rechtsstreit um den verlustreichen Swap zwischen der Stadt Linz und der Bawag P.S.K. wird morgen vor Gericht fortgesetzt.

Morgen treffen die Vertreter der Stadt Linz und jene der Bawag P.S.K. wieder aufeinander. Allerdings nicht – wie in den vergangenen Monaten – in Anwesenheit zweier Mediatoren, sondern im Gerichtsaal des Handelsgerichts Wien. Das Verfahren um das verlustreiche Derivatgeschäft wird fortgesetzt. Dabei geht es um das Swap-Geschäft 4175, das Linz mit der Bawag im Jahr 2007 abgeschlossen hat, um eine 195-Millionen-Franken-Anleihe abzusichern. Der Deal erwies sich als Flop, er brachte der Stadt einen Schaden von angeblich 317 Millionen Euro. Auf diese Summe klagte jedenfalls die Stadt Linz ihre Bank im November 2011. Die Bawag reagierte mit Widerklage und forderte 417 Millionen Euro von der Landeshauptstadt, die jegliche Zahlungen eingestellt hatte.

Seitdem ist viel passiert; genauso gut könnte man aber auch sagen: nichts. Zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung ist es in den letzten 18 Monaten vor Gericht jedenfalls nicht gekommen, zumal es in all der Zeit nicht gelang, den Richtersenat (zwei Berufsrichter und einen fachmännischer Laienrichter) zu formieren. Es ließ sich kein Laienrichter finden, der sich nicht selbst für befangen erklärte oder von der Stadt Linz als befangen abgelehnt wurde. Diese vertrackte Situation führte letztlich dazu, dass sich die Parteien zu einer Mediation durchrangen. Der zuständige Richter, Andreas Pablik, hatte das angeregt. Eine konstruktive Idee, wenn vor Gericht ohnehin nichts weitergeht.

Mithilfe zweier deutscher Mediatoren hoffte man offenbar, eine gemeinsame Lösung in einem Konflikt zu finden, der beiden Parteien ordentlich an die Substanz geht. Vergeblich. Das Mediationsverfahren scheiterte nach vier Monaten kläglich. Mitte Februar erklärten die Mediatoren sie für beendet. Selbstverständlich macht die Stadt Linz die Bawag und die Bawag Linz für das Scheitern verantwortlich. Man habe für die Ehrenrunde nur Zeit und 200.000 Euro Steuergeld vergeudet, resümierte Anwalt Gerhard Wildmoser, der Mediationsverhandler der Stadt Linz, ernüchtert. Nun heißt es wieder zurück zum Start, alles beginnt von vorn.

Gebühren trotz Schlichtung

Ein Ergebnis, das auch alle Anhänger der Wirtschaftsmediation unbefriedigt zurücklässt. Anders als in den USA können sie nämlich nicht behaupten, dass diese Form der Streitbeilegung in Österreich reüssiert. Dabei gibt es gerade in letzter Zeit vermehrt Hilfestellung vonseiten der Justiz. Am Handelsgericht Wien und am Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien etwa weisen die Richter die Parteien vermehrt auf die Möglichkeit der Mediation hin. Wohl auch im Eigeninteresse. Eine höhere Akzeptanz dieser Form der Konfliktlösung würde die Gerichtsbarkeit deutlich entlasten. Genau deshalb ist es auch hoch an der Zeit, bei einer außergerichtlichen Einigung den Kompromissbereiten wenigstens zum Teil die Pauschalgebühren zu refundieren. Weniger Kosten sind ein Anreiz, den alternativen Weg überhaupt in Erwägung zu ziehen. Bei Disputen, bei denen es um nicht viel Geld geht, auf alle Fälle, denn da erreichen die Kosten häufig den Streitwert. Aber auch bei High-profile-Causen fallen die Pauschalgebühren kräftig ins Gewicht. Konkret: Im Prozess Stadt Linz versus Bawag P.S.K schlagen die Pauschalgebühren mit fünf Millionen Euro zu Buche. Sie wären auch bei einer erfolgreichen Mediation zu berappen gewesen, obwohl mangels Senats nicht mal verhandelt werden konnte.

Dieses Problem ist allerdings gelöst. Ein Einzelrichter leitet ab morgen den Fall. Darauf konnten sich die Gegner nämlich einigen.

E-Mails an:judith.hecht-@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2013)

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