Nina Stemme triumphierte an Wagners Geburtstag

Nina Stemme triumphierte Wagners
Nina Stemme triumphierte Wagners(c) STAATSOPER
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Mit dem Jubiläums-"Ring" demonstrierte die Staatsoper ihren Spitzenrang. Nicht nur die neue Brünnhilde erntete Ovationen.

Selten ist sich auch das Publikum so einig: Nina Stemme ist die prächtigste Brünnhilde, die man in diesem Haus seit langer Zeit erleben durfte, grandios als Darstellerin, unschlagbar, was die stimmliche Bewältigung der drei Riesenpartien betrifft. Alles, die leuchtenden Spitzentöne, die mit geballter Kraft, aber scheinbar ohne jede Anstrengung auch noch den intensivsten orchestralen „Feuerzauber“ durchdringen, die bis in die tiefsten Regionen hin klar verständliche Artikulation, die expressive Anspannung in verhaltenen, ja geflüsterten Passagen, wirklich alles an dieser gesanglichen und schauspielerischen Leistung ist bejubelnswert.

Wie die Stemme etwa nach den – von Siegfried Stephen Gould gewohnt souverän parierten – Hassausbrüchen in der Schwurszene aus tiefster Verwundung heraus den Racheplan zu schmieden beginnt, hebelt jede Inszenierung dank der unmittelbaren Wirkung von Wagners Wort-Ton-Kunstwerk aus. Wunderbar, wie sich der mächtige Hagen von John Tomlinson wie der librettogerecht zaghafte Gunther von Boaz Daniel in dieses scheinbar naturgegebene Szenarium einfügen. Dass Tomlinson nicht mehr alle Höhen klangvoll gelingen, tut da wenig zur Sache. Zum einen agiert er musikalisch – rhythmisch vor allem – ungemein sicher und präzis, zum anderen verleiht er dem Alberich-Sohn das rechte finster-dominante Profil. So entwickelt sich die Tragödie zwingend und glaubwürdig.

Wiens würdiges Geburtstagsfest

Exzellent hat man sich im Haus am Ring auf die Feier von Wagners 200.Geburtstag vorbereitet. Die Rheintöchter, Nornen (in der „Walküre“ auch die acht Wotanstöchter) agieren harmonisch und differenziert. Der Chor bringt die Massenszenen der Gibichungen-Szenen endlich spürbar engagiert und gewaltig über die Rampe. Als Einspringerin veredelte überdies Elisabeth Kulman die Waltrautenszene im ersten Aufzug mit einer raren Mischung aus Schöngesang und Wortdeutlichkeit, womit sich der sensationellen Brünnhilde eine (auch darstellerisch) wahrhaft ebenbürtige Schwester zur Seite gesellte.

Dass sich die extreme Hochspanung, die sich zu Beginn des dritten Aufzugs bereits aufgestaut hatte, zunächst in zwei Horn- und einem Trompetenkiekser Ventile suchte, war geradezu willkommen: „Stammst du von Menschen?“, lautet im ersten Finale eine der bangen Fragen Brünnhildes – durch ein paar Kleinigkeiten lässt sich der Opernfreund während einer Aufführung singulären Zuschnitts gern auf den himmelhohen Abstand hinweisen, der da zum Normalbetrieb herrscht. Im Übrigen musiziert das Orchester unter Franz Welser-Möst hingebungsvoll und intensiv. Dass Sänger solch berauschend-philharmonischem Wagner-Spiel stimmlich zu entsprechen vermögen, macht glücklich. sin

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2013)

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