Die Balance zwischen Zutrauen und Respekt

Kritik soll klar und direkt formuliert werden, sagt Barbara Potisk-Eibensteiner. Männern gehe es in den Vorstandsetagen öfter um Macht als Frauen, so die CFO.

Sie arbeite in keiner Männerdomäne, betont Barbara Potisk-Eibensteiner, Chief Financial Officer (CFO) des heimischen Feuerfestkonzerns RHI AG: „Frauen wird noch am ehesten zugetraut, mit Geld umzugehen.“ Unter Buchhaltern, Steuerberatern sowie in der Wirtschaftsprüfung liege der weibliche Anteil sehr hoch – das wirke sich auch auf die Zahl der Managerinnen in Finance und Controlling aus. Sie selbst hat nach ihrem Studium ihre Karriere in einem Finanzinstitut gestartet: „Leistung hat hier eine Rolle gespielt, nicht das Geschlecht.“ In den Vorstandsetagen der Finanzinstitute sei dies allerdings noch immer anders: Frauen fehlten hier oft noch, zu viele der Topmanager im Bankenbereich seien Männer.

Warum gibt es nicht mehr Frauen an den Konzernspitzen? Eine gläserne Decke, die Managerinnen vom Sprung in die höchsten Positionen abhält, will Potisk aber nicht erkennen. Sie nennt drei andere Gründe für diese Entwicklung: Erstens entscheiden sich noch immer viele Frauen für eine Familie und somit gegen eine – zeitaufwendige – Top-Position. „Sie wollen diesen Schritt einfach nicht machen.“ Zweitens würden sich viele Managerinnen diesen Schritt nicht zutrauen: „Frauen möchten oft die fachlich Beste sein.“ Expertenkarrieren stellen somit oft eine attraktive Alternative zum Fortkommen dar.

Und „natürlich“, räumt Potisk ein, gehe es auch um Macht: „Leider gibt es noch immer Männer in Führungsfunktionen, die Frauen die Leitung eines Unternehmens nicht zutrauen.“ Die Macht in Unternehmen sei daher noch sehr ungleich verteilt.

Durch Leistung auffallen


Sie selbst habe in ihrem beruflichen Leben allerdings keine Diskriminierungen – insbesondere nicht aufgrund ihres Geschlechts – erfahren. Bei ihrem Start in der alten Creditanstalt sei sie als junge Managerin nicht schlechter als ihre männlichen Kollegen gestellt gewesen. Sie habe vor allem durch Leistung auffallen wollen. Und dies auch geschafft.

Claus Raidl, zu dieser Zeit Vorstand beim Stahlkonzern Böhler-Uddeholm, sei im Zuge des Börsengangs des Unternehmens auf die junge Bankerin aufmerksam geworden und habe sie nachher mit dem Angebot zu wechseln kontaktiert. Von 1995 bis 2006 war Potisk danach als Group Treasurer bei Böhler tätig. Danach avancierte sie zum „Head of Finance & Investors Relation“ bei der RHI AG. In deren Vorstand zog sie im April des Vorjahres ein.

Auf ihrem Weg in die obersten Managementetagen absolvierte sie auch den Führungskräftelehrgang „Zukunft.Frauen“, dessen siebenter Durchgang im Herbst startet. Potisk war unter den ersten Absolventinnen. „Ich wurde damals vom Vorstand dafür vorgeschlagen“, erinnert sie sich: „Das war natürlich eine große Auszeichnung für mich.“

Vor allem der Austausch zwischen Managerinnen und – angehenden – Aufsichtsrätinnen auf hohem Niveau sei ihr dabei neben den fachlichen Inhalten sehr positiv in Erinnerung geblieben. Auch wenn „gemischte“ Netzwerke nach ihrer Ansicht beruflich größeren Nutzen bringen als reine Frauenvereine oder Männerbünde, so sei das gemeinsame Lernen in diesem Programm, das sich nur an Managerinnen sowie weibliche Selbstständige richtet, etwas Besonderes gewesen. Insbesondere die offene Feedback-Kultur habe sie positiv erlebt.

„Jeden gleichwertig behandeln“

„Offenheit“ sei auch Teil ihres eigenen Führungsstils, den die CFO als „modern“ beschreibt. Sie agiere „ziel- und teamorientiert“: „Ich glaube, ein gutes Gefühl dafür zu haben, was ich meinen Mitarbeitern zutrauen kann.“ Die Managerin selbst versucht, mit ihrem Tun und Handeln Vorbild zu sein. Damit das gut gelinge, gehe es oft um Kleinigkeiten. „Ich versuche, jede und jeden gleichwertig zu behandeln und eine Arbeitsumgebung zu schaffen, damit ein Sinn für das, was wir tun, entstehen kann“, sagt Potisk: „Natürlich heißt das auch, dass man Erfolge gemeinsam feiert“, fügt die Finanzvorständin augenzwinkernd hinzu.

Einen „weiblichen“ Managementstil könne sie nicht erkennen: Führungsqualitäten seien stark individuell ausgeprägt. Sehr gute Teamplayer – eine Funktion, die landläufig eher Frauen zugeschrieben wird – habe sie sowohl unter männlichen wie weiblichen  Kollegen erlebt. „Natürlich habe ich auch wahre Diktatorinnen in meinem Berufsleben gesehen.“ Eine Einschränkung sieht sie allerdings doch: „Respekt und eine gewisse Ehrfurcht vor der Position und Verantwortung sind bei Frauen öfter anzutreffen. Männer hingegen lieben dagegen eher das Spiel mit der Macht.“

Auch in ihrer Art, wie Feedback gegeben wird, würden sich die Geschlechter unterscheiden, so die Managerin: Frauen würden Kritik direkter formulieren, männliche Manager oft „um den heißen Brei herumreden“. Diese offenen Worte schätzen Mitarbeiterinnen – beim anderen Geschlecht komme diese Direktheit hingegen nicht immer gut an. „Dann heißt es leider oft, dass die da Haare auf den Zähnen hat.“

Diese Serie wird von der „Presse“ in redaktioneller Unabhängigkeit gestaltet und ist durch finanzielle Unterstützung von „Zukunft.Frauen“ möglich geworden. Ende der Serie

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2013)

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