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Wohnen: Vom sozialen Brennpunkt zum populären Hotspot

(c) REUTERS (ANDREW WINNING)
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Wenn das eigene Viertel verkommt, kann man jammern und das Weite suchen. Oder man stellt sich dem Verfall entgegen. Das kann ansteckend sein, wie Beispiele aus New York, Berlin oder Johannesburg zeigen.

Am Anfang ist es nur ein Geschäft, das schließt. Und weil sich kein Nachmieter findet, werden die Scheiben nach und nach mit Plakaten zugekleistert. Doch was so scheinbar harmlos beginnt, kann sich ausbreiten wie eine ansteckende Krankheit; erst von Haus zu Haus, dann von Straßenzug zu Straßenzug, schließlich greift das Virus auf das gesamte Viertel über. Die Infrastruktur verkommt, keiner kümmert sich mehr um irgendetwas, und wer kann, zieht weg. „Broken-Window-Theorie“ nennt das die Wissenschaft.

Doch es geht auch andersherum, die Ansteckung kann nämlich auch im positiven Sinne funktionieren: wenn sich aus einem Nukleus, mag er zunächst auch unscheinbar wirken, eine Dynamik entwickelt, die Dinge im „Kiez“ zum Besseren zu wenden. Oft ist es gerade nicht die Stadtverwaltung, von der der Anstoß ausgeht, sondern eine private Initiative von Idealisten, die nicht länger hinnehmen wollen, dass ihr Viertel vor die Hunde geht. Mit Glück springt dann die Politik auf und (finanziell) unterstützend bei.

In New York war es der private Verein „Friends of the High Line“, der die Vitalisierung der stillgelegten Hochbahn in Gang setzte. Heute zieht das einst verrufene Viertel ebenso Touristen an wie der Prinzessinnengarten in Berlin, wo ökobewegte Kuba-Fans aus einer Brachfläche den nicht eben schicken Moritzplatz in eine im wahrsten Sinne blühende Gartenlandschaft verwandelten. Nicht zu reden vom Zentrum Johannesburgs, wo lange Zeit selbst Polizisten Angst hatten. Einige mutige Bürger hatten keine. hd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2013)