Zuletzt hatten neben randalierenden Jugendliche auch Rechtsradikale auf "Privatpatrouille" die Polizei in Atem gehalten.
Die nächtlichen Unruhen in Stockholm und anderen schwedischen Städten sind am Wochenende deutlich abgeflaut. "Die Lage entspannt sich Stück für Stück", sagte der zuständige Polizeisprecher Kjell Lindgren am Sonntag über die beiden vorausgegangenen Nächte.
Es seien zwar an einer Schule in einer südlichen Vorstadt von Stockholm wieder Scheiben eingeworfen worden, und die Polizei habe insgesamt 16 Personen vorübergehend festgenommen, weil sie der Vorbereitung von Gewalttaten verdächtigt würden. "Aber es gab weder Ansammlungen von Gewalttätern noch Attacken auf unsere Beamten", sagte Lindgren weiter. Nach Rundfunkberichten zündeten Jugendliche in den westschwedischen Städten Lysekil und Varberg erneut Autos an.
Fünf Krawallnächte in Folge
Die Krawalle hatten Anfang der Woche begonnen. In mehreren Vororten mit hohem Migrantenanteil setzten Randalierer Autos und unter anderem auch Schulen in Brand und attackierten Feuerwehrleute und Polizisten. Als Auslöser gilt der Tod eines 69-jährigen Immigranten aus Portugal, den Polizisten nach eigener Darstellung in Notwehr erschossen. Anrainer vermuten einen rassistischen Hintergrund.
Die Stimmung in der zunächst am stärksten betroffenen Vorstadt Husby stufte der Polizeisprecher inzwischen als "ruhig und ausgesprochen positiv" ein. Lokale Medien berichteten von einem Bürgerfest, bei dem auch das Champions-League-Finale zwischen Bayern München und Borussia Dortmund ohne Störungen gemeinsam auf Großleinwand angeschaut wurde.
Rechtsradikale auf "Privatpatrouille"
Erstmals war es in der Nacht auf Samstag nicht nur in Stockholm, sondern auch in Örebro und Linköping zu Ausschreitungen gekommen. In Örebro wurde ein Polizeiwachposten von einer Gruppe von etwa 30 maskierten jungen Männer verwüstet. In Linköping wurden acht angezündete Autos und Brandanschläge auf eine Schule und einen Kindergarten registriert, berichtete die schwedische Nachrichtenagentur TT. Zuvor in der Woche hatte es außerdem in Malmö Brandanschläge auf Autos gegeben.
Ebenfalls in der Nacht auf Samstag traten in Stockholm neben den randalierenden Jugendlichen vorwiegend mit Einwandererhintergrund auch rechtsradikale Gruppierungen auf den Plan. So sah sich die mit Beamten aus anderen Städten Schwedens verstärkte Polizei dort gezwungen, rund 60 in 30 Autos herumfahrende Rechtsextremisten zu überwachen. In der Vorortgemeinde Tumba stoppten die Beamten eine derartige "Privatpatrouille", die Menschen auf der Straße verfolgte. Die Nachrichtenagentur AFP berichtete sogar von rund 200 Rechtsradikalen, die in der Nacht in Stockholm aktiv wurden.
Debatte um Wohlstandsgefälle
Die Ausschreitungen haben eine Debatte über das wachsende Wohlstandsgefälle in Schweden ausgelöst. Während es der Mehrheit der Bevölkerung wirtschaftlich gut geht, fühlen sich vor allem Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationshintergrund zunehmend ausgegrenzt. Der sozialdemokratische Oppositionschef Stefan Löfven sagte in einem Rundfunkinterview mit dem Sender SR, die hohe Arbeitslosigkeit unter jugendlichen Migranten sei eine der Hauptursachen für die Krawalle. "Wir haben ein Problem in Schweden mit sich vertiefenden Trennlinien."
(APA/dpa/Reuters/AFP)