Bisher wurden die Erwartungen in die Schiefergas-Förderung stets übertroffen. Doch nun liefert eine Lagerstätte in Ohio enttäuschende Zahlen.
Die Erwartungen an die umstrittene Öl- und Gasproduktion aus Schiefergestein können in den USA noch so hoch sein, seit Jahren werden sie regelmäßig übertroffen. Das Land dürfte der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge Russland 2015 bei der Gas-Förderung überholen, zwei Jahre darauf Saudi-Arabien bei der Öl-Produktion überflügeln und 2035 von Energie-Importen unabhängig sein. Doch nun erhält die boomende Fracking-Industrie einen ersten Dämpfer: In der Lagerstätte Utica im Bundesstaat Ohio wurden im vergangenen Jahr weniger als 700.000 Barrel Öl gefördert. Das ist gerade einmal so viel, wie ein kleiner Öl-Tanker fasst. Zum Vergleich: Im Schiefergestein-Eldorado Bakken in North Dakota ist die tägliche Ausbeute höher.
Dabei war Utica noch vor zwei Jahren mit großen Versprechungen von dem US-Energieunternehmen Chesapeake Energy an den Start gebracht worden. Der damalige Konzernchef erklärte vollmundig, im Boden von Ohio könnten Vorräte im Wert von 500 Milliarden Dollar liegen. Für den ursprünglich landwirtschaftlich geprägten Bundesstaat im Mittleren Westen sei es damit das Größte, seit der Pflug Einzug auf den Feldern gehalten habe.
Fracking
Um eingeschlossenes Gas oder Öl freizusetzen, werden beim sogenannten Fracking Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck in das Schiefergestein gepresst. Vor allem in Europa ist die Methode äußerst umstritten. Die Umweltfolgen sind noch kaum erforscht, Kritiker fürchten vor allem um das Trinkwasser.
"Utica ist dem Hype nicht gerechtgeworden"
Unter anderem gab der französische Öl-Konzern Total für Förderrechte Milliarden aus. Staatliche Geologen rechneten mit Öl-Vorkommen von 1,3 bis 5,5 Milliarden Barrel - gigantische Mengen. Doch auch sie räumen inzwischen ein, dass die Förderung 2012 hinter den Erwartungen zurückblieb. "Utica ist dem Hype nicht gerechtgeworden", resümiert Ed Morse, Rohstoff-Spezialist bei der Citigroup.
Einen Rückschlag musste auch das Unternehmen NuStar Energy hinnehmen, das sich zuletzt kleinlaut von einem Pipeline-Projekt verabschiedete - mangels Kundeninteresse. NuStar wollte Öl, das in der Niobrara-Lagerstätte in Colorado aus Schiefergestein gewonnen wird, nach Texas pumpen. Dafür sollten unausgelastete Rohre umgerüstet werden. Doch die geringe Nachfrage rechtfertigte schließlich nicht die Investition.
Auch in der "Presse" äußerte sich am Dienstag ein Experte skeptisch zum aktuellen Schiefergas-Boom: "Schon nach fünf Monaten fördert man nur noch die Hälfte der Produktion des ersten Tages. Nach zwei Jahren ist man unter einem Fünftel", erklärte Ölanalyst Johannes Benigni. Damit schließt sich das Fenster, in dem Förderfirmen Geld verdienen können, sehr schnell.
Suche nach der "richtigen Technologie"
In der Branche zweifelt niemand daran, dass aus boomenden Produktionsstätten wie Bakken in North Dakota und anderen in Texas energiereiche Bodenschätze gewonnen werden können. Doch die Enttäuschungen in Ohio und Colorado könnten Vorboten dafür sein, dass der Enthusiasmus rund um Schiefergas- und -öl langsam seinen Höhepunkt erreicht hat - oder Anstrengungen in größerer Dimension nötig werden. Es gehe jetzt vor allem um die richtige Technologie, sagt Sandy Fielden, Analystin bei RBN Energy im texanischen Austin. "Klar ist, dass das Zeug da unten liegt." Nun sei entscheidend, die richtigen Zugangs- und Förderwege auch für schwerer erreichbare Formationen zu finden.
(APA/Reuters/Red.)