Merkel forderte Angleichung der EU-Sozialsysteme

German Chancellor Merkel gestures as she addresses a news conference following an integration conference at the chancellery in Berlin
German Chancellor Merkel gestures as she addresses a news conference following an integration conference at the chancellery in BerlinREUTERS
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Paris und Berlin starten eine Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit. Die deutsche Kanzlerin sieht auch bei den Sozialsystemen Handlungsbedarf.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit in Europa eine Annäherung der unterschiedlichen EU-Sozialsysteme. "Ich glaube, dass neben dem Binnenmarkt die nächste große Aufgabe ist, eine Arbeitsmarktmobilität zu haben, einen Binnenmarkt im Arbeitsmarkt zu entwickeln", sagte Merkel am Dienstag in Berlin nach dem 6. Integrationsgipfel der Bundesregierung. Neben mehr Fremdsprachenkenntnissen und der Vergleichbarkeit der Abschlüsse "wird (dies) sehr viel mehr Komptabilität der Sozialansprüche beinhalten", sagte Merkel. Diesen Weg müsse die EU ohnehin einschlagen.

Deutschland will Arbeitslose ausbilden

Zugleich betonte Merkel, dass Deutschland zur Ausbildung arbeitsloser Jugendlicher aus angeschlagenen EU-Staaten bereit sei. Diese könnten aber auch nach einigen Jahren wieder in ihre Heimat zurückkehren, wenn sich dort die wirtschaftliche Lage gebessert habe. Hintergrund ist zum einen die Debatte um die hohe Jugendarbeitslosigkeit in der EU, zum anderen der wachsende Fachkräftemangel in Deutschland.

Die hohe Jugendarbeitslosigkeit in der EU bereitet der Politik zunehmend Sorgen: Deutschland und Frankreich haben daher eine neue Initiative vorgestellt. Ein am Dienstag in Paris vorgestellter Aktionsplan sieht vor allem ein verstärktes Engagement der Europäische Investitionsbank (EIB) vor. Weitere Mittel stehen bereits in anderen EU-Töpfen bereit.  "Das Geld ist da", sagte Deutschlands Arbeitsministerin Ursula von der Leyen am Dienstag bei der Vorstellung der Initiative in Paris. Für die rund sechs Millionen Jugendlichen ohne Arbeit in Europa müsse dringend ein Perspektive geschaffen werden.

Hollande mahnt zur Eile

Auch Frankreichs Präsident François Hollande mahnte zur Eile. "Wir sind uns mit Bundeskanzlerin Merkel einig, dass wir noch in diesem Jahr einen echten Plan für Jugendarbeit auf die Beine stellen", sagte der sozialistische Staatschef. "Wir müssen jetzt mehr Erfolg haben im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, andernfalls werden wir den Kampf für die europäische Einigung verlieren", kommentierte der ebenfalls angereiste deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Zentraler Punkt der neuen Initiative ist die verstärkte Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen durch zinsbegünstigte Kredite der Europäische Investitionsbank. Die EIB hat dafür allein bis 2015 rund 60 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Mittelstand sei das "Rückgrat der Wirtschaft in Europa", sagte von der Leyen. Das für Investitionen notwendige Kapital bekäme er in manchen EU-Ländern derzeit aber nur zu exorbitant hohen Zinsen.

Duales Ausbildungssystem in ganz Europa

Neben den Kapitalhilfen ist geplant, das duale Ausbildungssystem europaweit zu verbreiten und die Voraussetzungen für mehr Mobilität zu schaffen. Durch die Finanzierung von Sprachkursen und Bewerbungskosten soll es jungen Menschen aus Krisenländern ermöglicht werden, außerhalb der Heimat einen Lehrstelle anzunehmen. "Wir haben Freizügigkeit in Europa", sagte von der Leyen. Das einzige große Hindernis sei die Sprachbarriere. Allein in Deutschland gebe es 33.000 freie Ausbildungsplätze.

Weiter vorangetrieben werden sollen die Pläne nach Angaben von Präsident Hollande beim EU-Gipfel Ende Juni sowie bei der für Anfang Juli in Berlin geplanten Konferenz zum Thema Jugendarbeitslosigkeit. "In diesem Kampf ist die Zeit der entscheidende Faktor", sagte Hollande. Schnell voranzugehen sei das erste Ziel.

(APA/Reuters)

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