Internationaler Vergleich: Ein Breivik bleibt im Gefängnis

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Internationaler Vergleich Haft(c) Clemens Fabry
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20 Länder haben mittlerweile die lebenslange Haft abgeschafft. Aber das heißt nicht, dass die Haft deshalb kürzer ist.

Wien/Wb. Die Gegner der lebenslangen Haft betonen zwar, dass jeder Mensch eine zweite Chance verdiene. In der Realität bedeutet eine Abschaffung dieser Höchststrafe aber nicht unbedingt kürzere Aufenthalte im Gefängnis. 20 Länder, darunter Spanien, Portugal, Kroatien und Norwegen, haben die lebenslange Haft abgeschafft. Dies führt zu teilweise kuriosen Urteilen: So wurde beispielsweise in Spanien ein ETA-Terrorist, der einen Politiker und dessen Leibwächter ermordet hat, zu 105 Jahren Haft verurteilt. Er wird voraussichtlich bis zu seinem Tod hinter Gittern bleiben. In Norwegen wurde erst im vergangenen Jahr heftig darüber diskutiert, warum die lebenslange Haft abgeschafft wurde. Das derzeitige Höchstmaß von 21 Jahren schien vielen Opferangehörigen des Massakers von Anders Breivik viel zu gering.

Das Gericht half sich daher mit einem Trick und verhängte über Breivik eine sogenannte „Verwahrung“. Sie muss nach Haftende zwar alle fünf Jahre verlängert werden, dürfte in diesem extremen Fall aber dazu führen, dass Breivik noch viele weitere Jahre in Haft bleibt.

Auch mehrere mittel- und südamerikanische Staaten haben die lebenslange Haft bereits abgeschafft. Umgekehrt bedeutet das Festhalten an dieser Höchststrafe auch keine besonders langen Aufenthalte im Gefängnis. In Großbritannien beispielsweise wird bei Lebenslang-Häftlingen bereits nach fünf Jahren eine erste Prüfung vorgenommen, ob die Haft aufrechtbleibt. In Deutschland findet die erste mögliche Prüfung nach 15 Jahren statt.

Deutlich strenger sind die USA, in denen es in einigen Bundesstaaten nach wie vor die Todesstrafe gibt. In Kalifornien kann bei einem lebenslang verurteilten Täter erst nach 50 Jahren erstmals eine Bewährung geprüft werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2013)

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