Offshore-Leaks führen vermehrt zu Selbstanzeigen

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OffshoreLeaks (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Mindestens 32 Österreicher sollen sich wie Ex-Raiffeisen-Manager Stepic in den Datenbanken von Offshore-Leaks befinden. Die Steuerfahnder warten auf die Festplatte, Wirtschaftsprüfer raten zu Selbstanzeigen.

Wien. Das Zittern kann beginnen. In den kommenden Wochen wird Österreich die Daten aus den Offshore-Leaks erhalten. In welcher Form und in welchem Umfang – alle 400 Gigabyte, nur ein Teil, bereits aufbereitete Daten oder noch „unbehandelte“ – wird sich erst zeigen, und dann wird man auch sehen, wie lange die Galgenfrist für Steuerhinterzieher noch ist: „Wenn wir die Daten erst aufbereiten müssen, dauert das sicher Monate“, meint Eduard Müller, Leiter der „Sonderkommission Offshore-Leaks“ im Finanzministerium.

Die Festplatte ist voll mit steuerschonenden Konstruktionen von Vermögenden, angeblich werden 130.000 Menschen namentlich genannt (nicht alle müssen automatisch Steuerhinterzieher sein). In Österreich stolperte diese Woche Raiffeisen-International-Chef Herbert Stepic über die Daten: Er hatte über eine Zwischenkonstruktion Wohnungen in Singapur gekauft.

Er wird nicht der einzige Österreicher bleiben. Die Angst, mit Namen in der Zeitung zu stehen oder Besuch von Finanzbeamten zu bekommen, hat jedenfalls schon viele zu einer Selbstanzeige getrieben. Es habe seit Auffliegen der Offshore-Leaks und dem Ankauf einer neuen Steuer-CD durch Deutschland eine „signifikante Zunahme“ gegeben, heißt es im Finanzressort.

Bleibt der Trend, bricht man den Rekord aus dem Jahr 2012: Damals gab es mehr als 200 Selbstanzeigen, die Finanz nahm etwa 60 Millionen Euro durch nachbezahlte Steuern ein. Von 2008 bis 2011 brachten alle Selbstanzeigen nur knapp 58 Millionen Euro ein.

32 Österreicher in der Datenbank

„50 bis 60 Fälle von Selbstanzeigen“ hat allein Norbert Schrottmeyer nach eigenen Angaben im Zusammenhang mit den Steuer-CDs betreut. Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer der Sozietät LeitnerLeitner rechnet damit, dass mit Offshore-Leaks wieder einiges an Arbeit auf ihn zukommen wird. Nach Angaben des Magazins „News“ sollen sich zumindest 32 Österreicher in der Datenbank befinden. „Für viele beginnt nun ein Wettlauf mit der Zeit.“

Soko-Leiter Müller rechnet mit „ein paar Monaten“, die es dauern wird, mit drei Computer- und drei Steuerexperten die Offshore-Daten auszuwerten. Mit einem gefundenen Namen in einer Steuerkonstruktion allein sei es noch lange nicht getan. Man müsse nämlich unter anderem prüfen, ob Steuern nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen bezahlt wurden.

Deshalb rät auch Schrottmeyer den Betroffenen mit einem auf Steuern und Finanzstrafrecht spezialisierten Berater zu klären, ob in ihrem Fall überhaupt Steuern hinterzogen wurden. Mitunter seien die Konstruktionen zwar steuerschonend, aber völlig legal.

Erst wenn sich herausstellt, dass der Fiskus tatsächlich übergangen wurde, sei eine Selbstanzeige zu prüfen. Dabei geht es nicht nur darum, dass man sich hohe Geldstrafen bis zum Dreifachen der Steuerschuld erspart. Wer mehr als 100.000 Euro an Steuern vorsätzlich hinterzogen hat, dem drohen zusätzlich ein Gerichtsverfahren und bis zu zwei Jahre Haft. Die Höchststrafe sei für die meist auch prominenten Steuerflüchtlinge ohnehin der mediale Rummel und der Imageschaden.

Nachdem die deutschen Finanzbehörden im Februar 2008 die Villa von Klaus Zumwinkel, dem damaligen Vorstandschef der Deutschen Post, medienwirksam gestürmt und den Manager abgeführt hatten, schnellten die Selbstanzeigen in die Höhe. Auch die Steueraffäre des Bayern-München-Präsidenten Uli Hoeneß verfehlt nicht das vom Fiskus erhoffte Ziel.

In Österreich hat sich zwar die Spitze der Bundesregierung dem Kampf gegen Steuersünder verschrieben. In der Praxis scheint man diesen bisher aber auf Sparflamme zu führen. „Mir ist kein einziger Fall eines Strafverfahrens bekannt“, sagt Schrottmeyer.

16 Finanzstrafverfahren bekannt

Wie viele Österreicher aufgrund der Steuer-CDs als Steuersünder ertappt wurden, ist schwer zu ermitteln. Zahlen sind bisher nur aus dem Jahr 2010 bekannt. Damals kam es dank einer CD hierzulande zu 16 Finanzstrafverfahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2013)

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