Schengen-Reform: "Bis jetzt waren wir zahnlos"

SchengenReform jetzt waren zahnlos
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Eine EU-Einigung ermöglicht vorübergehende Grenzkontrollen - etwa im Falle eines Flüchtlingsansturms. Innenministerin Mikl-Leitner ist hochzufrieden.

VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner begrüßt die EU-Einigung zu einer Schengen-Reform, die vorübergehende Grenzkontrollen bei außergewöhnlichen Umständen wie einem massiven Flüchtlingsansturm ermöglicht. "Wir können mit diesem Paket sehr zufrieden sein, weil sich alle unsere zentralen Forderungen wiederfinden", sagte Mikl-Leitner am Freitag. Sie hob die Forderung eines Schutzmechanismus hervor, der eintritt, "wenn die Mitgliedstaaten ihre Hausaufgaben nicht erfüllen", erklärte Mikl-Leitner. "Bis jetzt waren wir zahnlos."

Die Reform soll kommende Woche von den EU-Innenministern und im Herbst vom EU-Parlament endgültig beschlossen werden. Mikl-Leitner: "Dann haben wir einen Schengen-Evaluierungsmechanismus." Soll heißen: Wenn ein Land seiner Hauptverantwortung nicht nachkomme, müssten Maßnahmen wie Risikoanalysen, strategische Pläne und Personalkonzepte gemacht werden. Erst wenn "all diese Maßnahmen nicht ernst genommen oder nicht umgesetzt werden, dann tritt in letzter Konsequenz die Schutzklausel in Kraft." Gleichzeitig stellte Mikl-Leitner klar: "Derzeit gibt es keinen Anlass, verstärkte Grenzkontrollen einzuführen."

Vertreter des Europaparlaments, der EU-Kommission und der irischen Ratspräsidentschaft hatten sich am Donnerstag auf die Reform des Schengensystems geeinigt. Vor einem Jahr hatten die EU-Innenminister bereits einen Notfallmechanismus festgelegt, wonach im Fall von außergewöhnlichen Umständen und als Ultima Ratio die Wiedereinführung von Grenzkontrollen bis zu zwei Jahren im an sich grenzfreien Schengen-Raum ermöglicht wird. Angewendet wurde dies etwa bei großen Kongressen oder Sportereignissen wie die Fußball-EM. Ein wesentlicher Grund für die Reform war die Flüchtlingssituation und mangelnde Grenzkontrollen in Griechenland.

"Diese Regelungen gelten für alle"

Unmittelbare Auswirkungen der Reform auf einen Schengenbeitritt Bulgariens und Rumäniens erwartet Mikl-Leitner nicht. Das Thema eines "vollkommenen Schengenbeitritts" der beiden osteuropäischen Länder stehe im Herbst im Rat wieder auf der Agenda. "Wir merken, dass es hier Fortschritte seitens Bulgarien und Rumänien gegeben hat, aber dass natürlich auch noch viele Hausaufgaben zu machen sind." Sie verwies darauf, dass Sofia und Bukarest den Schengen-Evaluierungsmechanismus mittragen. "Diese Regelungen gelten für alle."

Nicht umfasst von der Reform sind sogenannte Sozialtouristen aus Rumänien und Bulgarien. Mikl-Leitner hatte gemeinsam mit ihren Amtskollegen aus Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden in einem Brief an die EU-Kommission wirksame Sanktionen gegen Armutsflüchtlinge aus Rumänien und Bulgarien verlangt. Mikl-Leitner betonte nun: "Wir in Österreich können diese Problematik noch nicht feststellen." Allerdings "müssen wir natürlich auf die Problematik aufmerksam machen." Deutschland sei bereits betroffen. "Gerade wenn's um Sozialtourismus geht, muss man das rechtzeitig analysieren und im Vorfeld überlegen, was es da für Konsequenzen gibt".

Mikl-Leitner bestätigte, ein Antwortschreiben der EU-Kommission erhalten zu haben. Darin reagierte die Kommission zurückhaltend und lobte die Bewegungsfreiheit als zentrale Errungenschaft der europäischen Integration. Verwiesen wurde darauf, dass das EU-Recht sehr wohl auch die Möglichkeit zulasse, Betrüger aus einem EU-Land auszuschließen. Die vier Länder werden außerdem aufgefordert, alle relevanten Umstände und Fakten offenzulegen.

(APA)

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