Messer-Attacke mit Ansage: „Facebook als Bühne“

WIEN: 15-JAEHRIGE ATTACKIERT FREUNDIN MIT MESSER
WIEN: 15-JAEHRIGE ATTACKIERT FREUNDIN MIT MESSERAPA/GEORG HOCHMUTH
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Jene 15-Jährige, die eine 16-jährige Freundin erstochen hat, hat die Tat auf Facebook angekündigt. Doch Experten warnen, die Gründe für jugendliche Gewalt in sozialen Netzwerken zu suchen.

Wien. „Die beste Freundin hängt mit einer meiner Ex herum, tauscht mit einer meiner Ex Nummer'n aus & ist mit einer meiner Ex zusammen!!! Leben oder Tod??? Auf was tippt ihr? :)“ Es sind im Nachhinein erschreckende Sätze, die laut Medienberichten im Internet zu finden sind. Die 15-jährige Tülin K. hat vergangenen Mittwoch ihre beste Freundin Melissa M., 16 Jahre alt, mit einem Messer getötet.

Auslöser der Tat dürfte ein Streit um den Ex-Freund gewesen sein (im Posting war ein Mann gemeint). Die Polizei gab weiters bekannt, dass die Mädchen am Vorabend MMC, eine synthetische Droge, konsumiert haben. Wie schon öfters davor. Tülin K. hat die Tat mittlerweile gestanden, sie befindet sich in Untersuchungshaft.

Zurück bleibt ein schaler Nachgeschmack, denn K. hat die Tat mit jenem Posting auf Facebook zwei Wochen davor angekündigt. Und sie ist nicht die einzige. Immer wieder ist von Fällen zu hören, in denen Gewaltakte auf Facebook angekündigt werden – und die Frage steht im Raum, ob es zwischen Social Media und Gewalt einen Zusammenhang gibt.

„Nicht verallgemeinern“

„Man muss das Ganze symptomatisch sehen“, sagt Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner. „Man kann von diesem Fall nicht auf das Leben von 15- und 16-jährigen Mädchen schließen.“ Für sie ist – aus der Ferne betrachtet – eher der Drogeneinfluss ausschlaggebend für die Tat. „Das Drumherum zählt. Gab es vorher schon Probleme, wo waren die Eltern? Für mich klingt das eher nach sozialer Verwahrlosung und Drogenmilieu.“ Laut Polizei soll Tülin K. schon davor immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt gewesen sein, die Rede ist von Ladendiebstahl. Beide Mädchen dürften aus zerrütteten Familienverhältnissen stammen.

Die These, dass Facebook die Bereitschaft zu Gewalttaten verstärkt, will Kastner jedenfalls nicht bestätigen. „Facebook ist einfach eine weitere Bühne, auf der sich die Menschen bewegen.“ Soll heißen: Es passiert nicht mehr – aber wenn etwas passiert, bekommen es eben mehr Menschen mit. Nur leider meist erst im Nachhinein.

Doch stößt man schon vorher auf einen derartigen Eintrag – wie soll man reagieren? Walter Hammerschick vom Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie empfiehlt, abzuschätzen, ob man die Tat für möglich halte und je nachdem Meldung zu erstatten oder nicht. Aber, gibt er zu, „es ist schwierig“.

Auch Kastner gibt sich vorsichtig. Sie erinnert sich an einen Fall, in dem ein junger Mann eine Gewalttat auf Facebook ankündigte und danach bei der Polizei landete. „Sein Posting hat sich im Nachhinein als überzogene Reaktion unter Alkoholeinfluss herausgestellt.“ Sie rät dazu, die Poster zunächst mit der Aussage zu konfrontieren und Erziehungsberechtigte und nahestehende Personen zu informieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2013)

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