Sieben Tage Hochwasser: Die Pegel sinken auch im Osten

Das Wasser geht langsam zurück, in Ober- und im westlichen Niederösterreich beginnen die Aufräumarbeiten wie hier nahe Melk.
Das Wasser geht langsam zurück, in Ober- und im westlichen Niederösterreich beginnen die Aufräumarbeiten wie hier nahe Melk.(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Die Lage sei "stabil", sagt die NÖ Feuerwehr, die Dämme halten. In weiten Teilen Österreichs wird aufgeräumt. Umweltminister Berlakovich will den Hochwasserschutz für die nächsten Jahre weiter ausbauen.

Die Hochwasser-Gefahrenzone verlagerte sich in der Nacht auf Donnerstag weiter in den Osten. Kritisch bleibt die Situation in Niederösterreich. Hier sind zwei Dämme in Gefahr. Am Donnerstag, dem siebenten Tag des Hochwassers, war aber auch hier erstmals von wirklicher Entspannung die Rede. Die Donau "beruhigte" sich, die Pegel waren allmählich im Sinken begriffen - auch östlich von Wien an der Messstelle Wildungsmauer (Bezirk Bruck a.d. Leitha). "Es erfolgt zwar sehr langsam, aber es geht zurück", hieß es beim hydrografischen Dienst.
m Westen Niederösterreichs liefen bereits Aufräumarbeiten, sagte Franz Resperger, Sprecher des Landesfeuerwehrkommandos, Donnerstagvormittag nach einer Lagebesprechung.

Der Damm am Kremsfluss in Theiß, wo nicht nur 600 Tonnen Schotter, sondern auch 1000 Tonnen Sand aufgebracht wurden, hielt ebenso wie jener in Stopfenreuth (Bezirk Gänserndorf), der durch Sandsäcke erhöht wurde. Es bestehe "keine Gefahr", so Resperger. "Unverändert" und "stabil" sei die Lage auch in Hainburg (Bezirk Bruck a.d. Leitha), wo das Augenmerk u.a. dem vom Hochwasser bedrohten Bahnhof galt. In der Wörtharmsiedlung mussten Bewohner versorgt werden. Es handelte sich um Menschen, die sich zwar nicht in einem gefährdeten Bereich befanden, deren Häuser jedoch auf dem Straßenweg nicht mehr erreichbar waren. 82 Objekte in der Wörtharm- und der Jägerhaushaussiedlung mussten am Dienstag wegen des Hochwassers geräumt werden. Der Strom ist abgeschaltet.

Das Essl Museum in Klosterneuburg wird ab morgen, Freitag, wieder seine Pforten für Besucher öffnen, hieß es am Donnerstagabend in einer Aussendung. Die sich verschärfende Hochwasser-Situation in Klosterneuburg hatte die Betreiber dazu gezwungen, am Dienstag aus Sicherheitsgründen vorübergehend zu schließen.

Die Hydrologen des Landes erwarteten in Wildungsmauer (Bezirk Bruck a.d. Leitha) am Nachmittag den "lang gezogenen Scheitel". In Korneuburg erreichte der Strom am Mittwochabend seinen Höchststand. In Wildungsmauer wurden in der Früh 8,76 Meter gemessen. Seither stieg der Pegel nicht mehr an.

>> Das Donauhochwasser zieht weiter nach Ungarn und in die Slowakei

Einen Rekord-Wert hatte die Donau am Mittwoch gegen 20.45 Uhr in Korneuburg erreicht. Der Pegel stieg letztlich auf 8,10 Meter. Vor knapp elf Jahren waren es an der Station 7,89 Meter oder 21 Zentimeter weniger. Im westlichen Niederösterreich lagen die Werte am Donnerstag bereits deutlich unter den Höchstständen vom Dienstagabend.

(c) APA

Berlakovich will Österreich "sicherer machen"

Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) will in Abstimmung mit den Ländern das Hochwasserschutzprogramm für die nächsten Jahre weiter ausbauen und damit "Österreich Stück für Stück sicherer machen", wie er am Donnerstagnachmittag gegenüber der Austria Presse Agentur ankündigte. Auf konkrete Zahlen - Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) hatte von Berlakovich für sein Bundesland bis Ende 2016 zusätzliche Mittel in Höhe von 27,5 Millionen Euro gefordert - wollte sich der Umweltminister vorerst nicht festlegen.

Man müsse jetzt der Natur Zeit geben, sich zu beruhigen, um danach die Schäden von Experten berechnen zu lassen, hieß es aus dem Ministerium. Es sei zu früh, Forderungen nach Schutzmaßnahmen mit konkreten Zahlen zu verbinden. Berlakovich bekannte sich aber dazu, dass dafür "ganz klar auch noch mehr Mittel von Bund- und Ländern notwendig sind". Und weiter: "Wir werden aus den Überschwemmungen der letzten Tage die richtigen Schlüsse ziehen und in unseren künftigen Hochwasserschutzmaßnahmen mitberücksichtigen."

Höhepunkt des Hochwassers in Wien

Aufatmen konnte auch die Bundeshauptstadt. Laut Wiener Gewässerabteilung wurde der Pegel stetig niedriger. Die Häfen Lobau und Albern waren zwar weiter überschwemmt, aber auch hier ging das Wasser zurück. Der Höhepunkt in Wien wurde in der Nacht auf Donnerstag erreicht: Um Mitternacht lag der Donau-Pegel Korneuburg noch bei einem Rekordniveau von 8,09 Meter, was eine Durchflussmenge von rund 11.000 Kubikmeter pro Sekunde bedeutete.

Auch in den beiden betroffenen Häfen sei das Wasser noch einmal um circa 20 Zentimeter gestiegen - auf rund 70 Zentimeter im Albern und circa 1,50 Meter in der Lobau, teilte eine Sprecherin des Wiener Hafens mit: "Jetzt ist das Wasser langsam rückläufig." Im Alberner Hafen sicherte die Feuerwehr am Vormittag einen Öltank, damit er nicht aufschwimmen und davontreiben kann. Gefahr war keine im Verzug. Die Sperre der A4-Unterführung Stadionbrücke konnte aufgehoben werden.

>> Mehr zur Situation in Wien

Schiffe in Not

130 Passagiere eines Donau-Kreuzfahrtschiffes, das in Nussdorf angelegt war, konnten nicht mehr von Bord gehen, da der ans Ufer führende Steg überflutet ist. Sie wurden von der Feuerwehr versorgt, wie ein Sprecher der Berufsfeuerwehr Wien berichtete. Die Feuerwehr baute am Donnerstag einen provisorischen Steg, um 19 Uhr soll das Schiff evakuiert werden. >> Mehr dazu

Auch in Linz ist ein Schiff aufgrund des Hochwassers in Schwierigkeiten geraten. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat die Polizei Sonntagfrüh 120 Passagiere eines Schweizer Schiffes in Sicherheit gebracht. Die Beamten hatten erkannt, dass ein ungehindertes Passieren der Eisenbahnbrücke nicht mehr möglich und eine Kollision die Folge gewesen wäre. Nachdem die Menschen das Schiff verlassen hatten, konnte es auf der hochwasserführenden Donau buchstäblich in letzter Sekunde unter dem Bauwerk durchfahren. >> Mehr dazu

Weitere Flutopfer in Vorarlberg?

In Vorarlberg könnten möglicherweise zwei weitere Männer im Hochwasser des vergangenen Wochenendes ihr Leben verloren haben. Am Mittwoch wurden gleich zwei Leichen entdeckt, wie die Polizei berichtete. In einer Unterführung in Hörbranz (Bezirk Bregenz) wurde ein 55-jähriger Mann in 20 Zentimeter tiefem Wasser liegend aufgefunden, vor Gaißau barg die Feuerwehr einen tote Person aus dem Bodensee.

Der 55-jährige ist ertrunken, ergab die gerichtsmedizinische Obduktion am Donnerstag. Der Mann war allerdings stark alkoholisiert. In nüchternem Zustand wäre der 55-Jährige wahrscheinlich nicht zu Tode gekommen, hieß es bei der Polizei. Im Falle der zweiten Leiche gibt es noch keine Obduktionsergebnisse.

In Österreich sind bisher zwei Menschen beim Hochwasser ums Leben gekommen, ein Vorarlberger und ein Salzburger. Zwei Menschen werden nach einem Murenabgang in Salzburg immer noch vermisst.

Chronologie

Von Westen nach Osten war Österreich seit dem Wochenende Hochwasser- und Murengebiet. >> Lesen Sie hier, wie alles begann.

OÖ: Staus von Freiwilligen

Bei den Aufräumarbeiten wollen nach Angaben des Landes Zigtausende helfen. Im Bezirk Urfahr-Umgebung hat der Ansturm von Freiwilligen am Donnerstag zu Verkehrsproblemen geführt. Die Polizei musste die Straße zur Gemeinde Goldwörth, die von der Flut besonders arg worden ist, abriegeln. Die Hilfe müsse koordiniert ablaufen, appellierten LH Josef Pühringer und der zuständige Landesrat Max Hiegelsberger (beide V), sich über das "Team Österreich" anzumelden.

Auswirkungen weniger schlimm als 2002

Helmut Habersack, Wasserbauer von der Universität für Bodenkultur in Wien, konstatierte, dass die Auswirkungen des Hochwassers wohl etwas weniger schlimm seien, weil viele Maßnahmen nach der Katastrophe 2002 gegriffen haben dürften. Dennoch gibt es dem Experten zufolge Probleme, die auch nach dem großen Hochwasser 2002 nicht restlos beseitigt wurden: Öltanks in Privathäusern etwa. "Da hat sich seit 2002 zu wenig verändert", sagte Habersack. Man könne sich nicht sicher sein, dass ein 100-jährliches Ereignis nur alle 100 Jahre wiederkehrt. "1965, 1966 hatten wir drei 100-jährliche Ereignisse in einem Jahr", erläuterte der Forscher.

Noch nicht allzu viel kann man dem Experten zufolge über die Folgen der Überschwemmungen für Trink- und Abwasser sagen. "Man muss abwarten, bis das Wasser weg ist", so Habersack. Auch für eine Bewertung der Schutzmaßnahmen ist es noch zu früh. Man müsse abwarten, was passiert sei, welche Maßnahmen gegriffen hätten.

>> Habersack im Gespräch mit der "Presse"

Viele Verkehrsverbindungen länger gesperrt

Der Verkehr auf der Westbahnstrecke läuft seit Montagvormittag zwar wieder von Wien bis Salzburg, die Verbindungen weiter nach Tirol sind aber weiterhin nicht wieder in Betrieb. Dementsprechend kommt es zu zahlreichen Zugausfällen. >> Mehr zum Bahnverkehr

Service

Entspannung gab es bei der Verkehrssituation in Wien, weil Donnerstagmittag die A4-Unterführung bei der Praterbrücke wieder freigegeben worden ist. Die Brennerbundesstraße (B 182) ist bei Schönberg im Tiroler Bezirk Innsbruck-Land seit Mittwochabend nach einem Hangrutsch komplett gesperrt.  Der Schwerpunkt der Probleme in Ober- und Niederösterreich lag entlang der Donau. Der ÖAMTC gibt einen Überblick über alle Sperren und Störungen auf den Straßen Österreichs. Pegelstände, Straßensperren, Spendenmöglichkeiten
>> Alle Informationen und Kontaktadressen

(APA/Red. )

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