Volksbefragung: ÖVP will Verfassungsgericht einbinden

Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes
Mitglieder des VerfassungsgerichtshofesAPA/HELMUT FOHRINGER
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Volksbegehren ab einer Unterstützung von zehn Prozent sollen zu einer Volksbefragung führen. Über die Zulassung soll im Streitfall der VfGH entscheiden.

Die Regierungsparteien zeigen sich optimistisch, dass eine Einigung über die Demokratiereform inklusive Aufwertung von Volksbegehren zustande kommt. Immerhin lägen nun alle Vorschläge auf dem Tisch und könnten diskutiert werden, sagten die Klubobmänner Josef Cap (SPÖ) und Karlheinz Kopf (ÖVP) am Dienstag vor dem Ministerrat.

Die ÖVP hatte dem Koalitionspartner am Montagabend einen Vorschlag übermittelt, der laut Kopf das "Resultat der bisherigen Debatten" darstellt. Dem Entwurf zufolge soll künftig der Verfassungsgerichtshof (VfGH) darüber entscheiden, ob das Thema einer Volksbefragung etwa den Menschenrechten entspricht und damit erlaubt wird oder nicht. Wie bekannt soll ein Volksbegehren, das von zehn Prozent der Wahlberechtigten unterstützt, aber nicht vom Nationalrat umgesetzt wird, einer verpflichtenden Volksbefragung unterzogen werden.

Keine Volksbefragung soll laut den ÖVP-Vorschlägen stattfinden, wenn der Gesetzesbeschluss über das Volksbegehren eine Gesamtänderung der Bundesverfassung oder einen offensichtlichen Verstoß gegen das Recht der Europäischen Union darstellt. Ebenso keine Volksbefragung wird durchgeführt bei einem Verstoß gegen völkerrechtliche Verpflichtungen oder einer Verletzung bzw. Abschaffung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Die Entscheidung darüber trifft ebenfalls der Nationalrat, bekämpft werden kann dies beim VfGH.

Im Oppositionsvorschlag ist dagegen vorgesehen, dass legistische Fragen ebenso wie etwaige Widersprüche zum Grundrecht durch den Legislativdienst des Parlaments geklärt werden. Die Grünen ließen am Dienstag aber durchklingen, dass es an dieser Frage nicht scheitern werde.

Nationalrat soll Gegenvorschlag erstellen können

Kommt es zu einer Volksbefragung, sieht der ÖVP-Vorschlag vor, dass der Nationalrat die Möglichkeit hat, einen Gegenvorschlag zu erstellen, der ebenfalls der Volksbefragung unterzogen wird. Die Wahlberechtigten können dann zwischen den beiden Vorschlägen - jenem des Volksbegehrens und dem Gegenvorschlag des Nationalrats - wählen. Hier schlugen die Oppositionsparteien vor, dass drei Varianten zur Auswahl stehen, nämlich der Volksbegehrens-Text, der Nationalrats-Text sowie die Option "keiner von beiden".

Ein Beschluss der Demokratiereform vor dem Sommer scheint noch möglich.  Für die Zweidrittelmehrheit benötigen SPÖ und ÖVP die Zustimmung einer großen Oppositionspartei. Die Oppositions hatte zwar eine Hürde von lediglich vier Prozent der Wählerstimmen für eine verpflichtende Volksbefragung gefordert. Die Grünen signalisierten jedoch bereits, an dieser Zahl soll das Gelingen nicht scheitern.

(APA)

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