Ärzte drängen auf Einbindung bei Gesundheitsreform

Gesundheitsreform Kammer will aerzte
Gesundheitsreform Kammer will aerzte(c) APA/DIETMAR STIPLOVSEK (DIETMAR STIPLOVSEK)
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Lange lief die Ärztekammer gegen die Gesundheitsreform Sturm, nun plant sie einen Paradigmenwechsel Richtung "Public Health". Kammer-Präsident Wechselberger hofft auf eine zentrale Rolle der Allgemeinmediziner.

Nachdem die Gesundheitsreform nun endgültig auf Schiene ist, gibt sich die Ärztekammer konziliant und drängt auf Einbindung bei der Umsetzung. "Das System hat Potenzial in sich, um besser zu werden", sagte Kammer-Präsident Artur Wechselberger am Dienstagabend vor Journalisten. Sorgen bereitet ihm die Finanzierung des niedergelassenen Bereichs, mögliche Rationierungen und ein steigender Administrationsaufwand für die Ärzte.

Monatelang war die Ärztekammer gegen die Gesundheitsreform Sturm gelaufen. Nun erblickt Wechselberger darin die Chance, einen Paradigmenwechsel Richtung "Public Health" zu schaffen, bei dem die Versorgung der Patienten und nicht die Angst vor den Kosten im Mittelpunkt steht. Dass die Standesvertretung - vor vollendete Tatsachen gestellt - nun das Beste aus dem von Bund, Ländern und Sozialversicherung durchgeboxten Projekt machen will, verhehlte er nicht. "Was sollen wir machen?", so Wechselberger. "Der Souverän hat gesprochen."

Systemhafter Zugang fehlt

Wichtig sei die Einbindung der Ärzte, denn das österreichische Gesundheitssystem habe sich jahrzehntelang anbietergetrieben entwickelt - und das seien neben den Kommunen als Spitalserhalter vor allem die Mediziner in ihren Praxen gewesen. Diese nun auszugrenzen, sorge nicht nur für Irritation, sondern bedeute auch einen Verlust an Innovationskraft und Know-how und könnte nicht zuletzt zu einem ärztlichen Nachwuchsmangel führen, so der Kammer-Chef.

Dass sich einiges ändern muss, ist für Wechselberger klar. In Österreich fehle der systemhafte Zugang, bei dem die Gesellschaft überlege, was notwendig sei, die Bevölkerung gesund zu halten bzw. zu machen, meinte er. Statt einer "Public Health"-Tradition sei das System von einer - teuren - krankenhauszentrierten Versorgung, freiem Zugang zu allen Versorgungsebenen inklusive niedergelassener Fachärzte, einer untergeordneten Rolle der Primärversorgung und dem Mangel an Vorsorgemedizin geprägt.

Andere Generation, andere Lebensentwürfe

Die Antworten der Ärztekammer darauf sind bekannt. Im Sinne der "Primary Health Care" will sie den Allgemeinmediziner in seiner Ordination in den Mittelpunkt des Systems stellen. Wegkommen will man aber immerhin vom Einzelkämpfersystem in der Patientenversorgung. Interdisziplinär und multiprofessionell soll künftig an komplexe Krankheitsbilder herangegangen werden, so Wechselberger.

Notwendig sind dafür aus Kammersicht zeitgemäße Leistungskataloge, größere Praxiseinheiten (inklusive der Möglichkeit, dass Ärzte ihre Kollegen anstellen), aber auch die höhere Qualifizierung des Praxispersonals, die Entlastung durch ambulante Pflegeteams und mehr Kooperation mit anderen Leistungserbringern. Offenheit für Neues sieht Wechselberger bei seinen Kollegen allein durch die demografische Entwicklung in der Ärzteschaft. Es stehe ein Generationswechsel an, 50 bis 70 Prozent der Kassenärzte seien wie er selbst "präpensionär", so der Präsident. "Da kommt eine ganz andere Generation heran, und die hat andere Lebensentwürfe."

(APA)

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