Wettlauf mit der Zeit: Schlamm und Geröll müssen weg

Schlamm im Melk - wenn er trocknet, wird der Schaden noch größer.
Schlamm im Melk - wenn er trocknet, wird der Schaden noch größer.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Bei Aufräumarbeiten kam ein Mann ums Leben. Der Schlamm muss entfernt werden, bevor er eintrocknet. Neuer Regen weckt Sorge um nasse Hänge.

Während am Freitag in Oberösterreich und Niederösterreich die Pegelstände am Sinken waren und die Aufräumarbeiten auf Hochtouren liefen, stieg die Gefahr von Muren und Hangrutschungen in Tirol und Salzburg wieder an. In Salzburg waren die Schutzbauwerke der Wildbach- und Lawinenverbauung bis zum Rand gefüllt, sie müssen nun so rasch wie möglich geleert werden - spätestens am Sonntagabend soll es erneut zu heftigen Gewittern kommen. Und im Zillertal drohte ein massiver Felssturz.

Auch die Verkehrslage entspannte sich vom Westen her zunehmend, obwohl am Freitag noch zahlreiche Straßen entlang der Donau, des Inn oder auch im Salzkammergut unpassierbar waren. Positive Nachrichten auch von den ÖBB und der Deutschen Bahn (DB): Ab 12. Juni soll die Korridorstrecke zwischen Kufstein und Salzburg wieder befahrbar sein.

Fünftes Todesopfer

Unterdessen forderte das Hochwasser das vermutlich fünfte Todesopfer in Österreich. Am Donnerstag starb ein 49-jähriger Obersteirer bei einem Arbeitsunfall mit einem Lkw, als er in Aigen bei Admont (Bezirk Liezen) mit Räumungsarbeiten nach einem Erdrutsch beschäftigt war. Zwei Personen in Salzburg wurden weiterhin nach einem Murenabgang vermisst, auch das Verschwinden einer jungen Frau in Oberösterreich könnte im Zusammenhang mit dem Hochwasser stehen. Die 20-Jährige wurde zuletzt am Wochenende auf einem Fest in Gramastetten gesehen.

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In Niederösterreich fiel der Donau-Pegel am Freitag um drei bis sieben Zentimeter pro Stunde. In der Wachau begann das große Aufräumen. Das Militärkommando Niederösterreich sprach in einer Aussendung am Freitag von einem "Wettlauf mit der Zeit". Die Soldaten seien guter Dinge, diesen zu gewinnen. Schlamm und Geröll müssen noch im nassen Zustand beseitigt werden, da sonst diese Masse extrem aushärtet. Von Gottsdorf im Westen bis Hainburg im Osten waren 1500 Soldaten an der Donau im Assistenzeinsatz mit Aufräumarbeiten und Rückbaumaßnahmen beschäftigt.

Auch in Oberösterreich schritten die Aufräumarbeiten voran. Unterdessen wurde am Freitag bekannt, dass das Eferdinger Becken, einer der Hochwasser-Brennpunkte, einen Damm bekommt. Darauf haben sich Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne) und Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ) verständigt. In einem Lokalaugenschein informierten sie Freitagnachmittag die betroffenen Gemeinden. Der Zeitplan müsse erst fixiert werden, ebenso die Finanzierung, hieß es. Anschober geht davon aus, dass die Detailfragen innerhalb der kommenden zwei Jahre geklärt sind. Unterdessen teilten Umweltminister Nikolaus Berlakovich, LH Josef Pühringer (beide ÖVP) und Anschober mit, dass der weitere Hochwasserschutz im arg getroffenen Schärding "raschest möglich" bis 2016 verwirklicht werden soll. Parallel dazu würden die Planungen für weitere Maßnahmen in dem Gebiet in Angriff genommen.

Schutzbauwerke vor neuem Regen leeren

Ebenso ging in Salzburg der Wettlauf gegen die Zeit weiter. Das Hochwasser hatte nicht nur für Überflutungen und Muren gesorgt, sondern auch die Schutzbauwerke der Wildbach- und Lawinenverbauung bis zum Rande gefüllt. Diese müssen nun so rasch wie möglich geleert werden - spätestens am Sonntagabend drohen im Bundesland erneut heftige Gewitter. Die Feuerwehr zog unterdessen Bilanz über den Katastropheneinsatz in dieser Woche: 139 Feuerwehren und eigenständige Löschzüge rückten in den vergangenen Tagen mit insgesamt 8.000 Helfern zu mehr als 3.000 Einsatzstellen aus.

Aufgeräumt wurde auch in Tirol. Obwohl es noch vereinzelt zu Hangrutschen kommt, hat sich die Lage dort beruhigt. Jedoch: "Im Zillertal droht auch nach wie vor ein massiver Felssturz", erklärte Gunther Heissel, Fachbereichsleiter der Landesgeologie am Freitag. Es sind noch einzelne Häuser evakuiert. Die Lage wird sich aber in Teilen Tirols wieder zuspitzen, sagte Heissel. Bis Dienstag früh sind 50 Liter Regen pro Quadratmeter vorhergesagt. "In den gefährdeten Gebieten, wie im Bezirk Reutte oder im Norden der Bezirke Schwaz, Kitzbühel und Kufstein, kann es dadurch zu einer Aktivierung schon stattgefundener Hangrutsche oder zu neu ausgelösten Murenabgängen kommen", sagte er. Die Regenmenge ist zwar bedeutend geringer, als die der vergangenen Tage, aber die Hänge sind noch nicht abgetrocknet. "Dadurch könnte es noch einmal kritischer werden", befürchtete er.

In den Wiener Häfen Lobau und Albern, die in den vergangenen Tagen überflutet waren, entspannte sich die Lage: In Albern stehe das Wasser noch fünf bis zehn Zentimeter hoch, in der Lobau 50 Zentimeter, teilte eine Hafen Wien-Sprecherin am Freitag mit. Mit den Reinigungsarbeiten wurde zum Teil schon begonnen, kommende Woche sollen die Häfen wieder in Betrieb gehen. Mehr als 60 Kräfte der Stadt, der Wasserstraßengesellschaft Via Donau und der Feuerwehr werden aber mehrere Wochen lang täglich im Reinigungs-Einsatz sein, kündigte die MA 45 in einer Aussendung an. Der Bereich rund um die Donauinsel werde dabei in mehreren Etappen von Schlamm und Treibgut befreit.

Diskussion um Sonderurlaub

Mitten in die Aufräumarbeiten kommt jetzt allerdings Tempo in die Diskussion um Sonderurlaub und Entgeltfortzahlung für freiwillige Helfer bei Katastrophen. Für den Bundesdienst hat Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek dies bereits zugesichert. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner verschließt sich aber auch der Debatte für Beschäftigte in der Privatwirtschaft nicht.

Er wolle die Frage nach Entgeltfortzahlung und Sonderurlaub vorerst nicht mit Ja oder Nein beantworten, betonte der ÖVP-Minister am Donnerstag, er möchte dieses Thema aber mit den Sozialpartnern besprechen. Mitterlehner ließ aber durchblicken, dass die Entwicklung in Richtung Entgeltfortzahlung gehen könnte, nachdem Österreich immer häufiger mit Anlassfällen durch Naturkatastrophen konfrontiert sei.

Auf SPÖ-Seite rennt er bei Sozialminister Rudolf Hundstorfer offene Türen ein. Dieser drängt darauf, für derartige Fälle bundesweit Vorsorge zu treffen, nachdem dies derzeit etwa für Feuerwehrleute in den einzelnen Bundesländern geregelt ist. Konkret schlägt das Sozialressort vor, dass bei bundesländerübergreifenden Einsätzen den Betrieben Kosten für die Gehaltsfortzahlung für freiwillige Helfer aus dem Katastrophenfonds refundiert werden. Ungeachtet der politischen Debatte waren auch am Donnerstag zehntausende Helfer im Einsatz – alleine in Niederösterreich waren es bisher 14.200 Helfer von 1.093 Feuerwehren.

Chronologie

Von Westen nach Osten war Österreich seit dem Wochenende Hochwasser- und Murengebiet. >> Lesen Sie hier, wie alles begann.

Hochwasser - Pegelstaende 2002 und 2013
Hochwasser - Pegelstaende 2002 und 2013APA

(APA/Ett/Mpm/Red.)

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