Prügelaffäre um Heinzl und Sido vor Gericht

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Medienprozess: Star-Gutachter Christian Reiter spricht erstmals von „schockbedingter Ohnmacht“.

Die ganze Sache hatte voriges Jahr als „Prügelaffäre“ den Boulevard auf Trab gehalten: Reporter Dominic Heinzl (49), einst zum „Retter des ORF“ hochstilisiert, dann als Moderator des Society-Formats „Chili“ doch nicht ganz so erfolgreich, musste am 19. Oktober 2012 im Anschluss an die Sendung „Die große Chance“ einen Faustschlag ins Gesicht einstecken, ging zu Boden, verletzte sich dabei am Hinterkopf und am rechten Ellbogen.

Der Angreifer, Sido, Rapper aus Berlin, richtiger Name: Paul Würdig, hatte sich provoziert gefühlt und zugeschlagen – später bedauerte er dies. Heinzl hatte Sido (der Rapper war Juror bei „Die große Chance“) kurz vor der Attacke wissen lassen: „Du bist ein Depp“.
Am Freitag musste sich sogar ein Wiener Strafgericht mit dem Vorfall auseinander setzen. Nicht etwa, weil Sido angeklagt war (soweit könnte es theoretisch noch kommen, die Staatsanwaltschaft hat sich noch nicht entschieden), sondern weil sich Heinzl durch zwei Artikel des Magazin „News“ nach eigenen Angaben „zutiefst verletzt“ fühlt. Dort wurde nämlich angedeutet, der Society-Moderator habe das gemacht, was man im Fußballjargon eine „Schwalbe“ nennt. Und das will sich Heinzl nicht bieten lassen. Daher stellt er bei Gericht den Antrag, das Magazin solle wegen übler Nachrede zu einer (nicht näher bezifferten) Schadenersatzzahlung, vor allem aber zur Veröffentlichung des kommenden Urteils verurteilt werden.

„News“ hält dagegen. Und argumentiert, seine Mitarbeiter hätten nur berichtet, was sie damals im ORF-Studio am Küniglberg mit eigenen Augen gesehen hätten. Nämlich, dass es zwischen dem Schlag und dem Umfallen eine kurze zeitliche Verzögerung gegeben habe. Heinzl habe offenbar den Eklat „geplant“.

Richterin Nicole Baczak führte nun den Prozess unaufgeregt-locker und präsentierte zunächst eine Sequenz der Satire-Reihe „Willkommen Österreich“. Selten sah man Zuschauer eines Strafprozesses so lachen. Die Vorführung sollte zeigen, dass Heinzl damals auch an der Medienfront sein Fett abbekam. Fast ebenso hoch war der Entertainment-Faktor, als Kickbox-Champion Fadi Merza („160 Kämpfe in den vergangenen 19 Jahren“) in den Zeugenstand trat – und von seiner Erfahrung erzählte, wonach es sehr wohl möglich sei, dass man nach einem Schlag noch „ein, zwei Sekunden“ stehen bleibt, ehe man zu Boden geht.

Für die ganz große Überraschung sorgte dann aber der prominente gerichtsmedizinische Gutachter Christian Reiter (bekannt etwa durch den Gift-Krimi um Elfriede Blauensteiner oder den tragischen Fall des Schubhäftlings Marcus Omofuma). Reiter gestand ein, auch einen Ausflug in die Psychosomatik zu unternehmen. Aber der Reihe nach: Ja, Heinzl, habe einen „kräftigen“ Schlag einstecken müssen. „Das war nicht nur eine bessere Watsch'n“. Ja, der Reporter habe nach dem Schlag noch zwei Schritte zurück gemacht, ehe er rücklings umfiel. Das sei aber kein „theatralisches Zusammensinken“ gewesen. Heinzl sei tatsächlich kurz bewusstlos gewesen. Aber nicht direkt durch den Schlag. Die etwas kompliziert anmutende Erklärung: Heinzl habe eine Fluchtreaktion gezeigt. Dies wiederum sei „nicht günstig für sein Image“ gewesen. Denn: „Er wurde in der Öffentlichkeit gedemütigt“. Zurückschlagen hätte „nicht seinem Weltbild entsprochen“. So sei eine „emotionale Konfliktsituation“, ein Dilemma, entstanden. Und die habe zu einem Kollaps, einer „Kreislauffehlregulation“, geführt – zu einer „schockbedingten Ohnmacht“. Der medizinische Fachbegriff laute: Vasovagale Schock- und Schrecksynkope“. Mit dieser Diagnose hatte im Gerichtssaal wahrlich niemand gerechnet.

Was dies nun für das beschuldigte Magazin heißt, wurde vorerst nicht entschieden, zuerst solle noch die Einhaltung journalistischer Sorgfalt geprüft werden, meinte die Richterin und vertagte auf den 19. Juli. Sido war übrigens am Freitag wegen eines Auslandsaufenthalts nicht beim Prozess. Ob er zum nächsten Termin kommt, bleibt abzuwarten.

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