Hypo Alpe Adria: Chronik einer Kapitulation

Hypo Alpe Adria Chronik
Hypo Alpe Adria Chronik(c) BARBARA GINDL / APA / picturedes (BARBARA GINDL)
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Dass die Regierung auf alle EU-Forderungen kampflos eingeht, wird der Hypo Alpe Adria heuer möglicherweise drei Mrd. Euro Verlust bescheren. Dafür steigt die Staatsschuldenquote erst nach der Wahl.

Wien. „Die haben nicht die Kampfmannschaft nach Brüssel geschickt, sondern gleich mit der weißen Flagge gewachelt“: So beschreibt ein Insider im Gespräch mit der „Presse“ die bisherigen Gespräche des Finanzministeriums mit der EU-Kommission über die Abwicklung der Hypo Alpe Adria.

Angenehmer Nebeneffekt der „Kapitulation“ für die Regierung: Die Auswirkung der Hypo-Pleite auf die Staatsschulden (ein Maastricht-Schuldenplus von fast 18Mrd. Euro wegen der für die Bad Bank fälligen Garantien) wird erst nach der Nationalratswahl im Herbst sichtbar. Der Nachteil für den Steuerzahler: Die Hypo-Abwicklung wird einige Milliarden mehr kosten.

Der Reihe nach: Begonnen hat es mit einem Schreiben von EU-Wettbewerbskommissar Almunia im März, in dem dieser Österreich ein Beihilfeverfahren androht, falls der Österreich-Teil und die Osteuropa-Töchter der Bank nicht blitzartig verkauft werden und der Rest „abgewickelt“ wird. Eine direkte Antwort seitens des österreichischen Finanzministeriums darauf gab es nicht.

Das längst fertige Konzept der Bank für diesen Fall: Die nicht verwertbaren Teile sollten in eine Bad Bank transferiert werden, die (wegen der strengen Kapitalunterlegungspflichten) nicht dem Vollanwendungsbereich des Bankwesengesetzes unterliegen sollte. Die Österreich-Tochter sollte schnell verkauft werden (was bereits geschehen ist).

Die verbliebenen, nicht in die Bad Bank transferierten Osteuropa-Töchter hätten dann nur noch 25 Prozent der ursprünglichen Gruppengröße, womit man bei der EU gegen den Zwang zum sofortigen Verkauf hätte argumentieren können. Das Kalkül dahinter: Ohne zeitliches Limit hätte man versuchen können, die von ihren Altlasten befreiten und damit halbwegs gesunden Töchter erst dann abzustoßen, wenn der Markt einen Verkauf zumindest zum Buchwert zulässt.

EU-Vorgaben erhöhen Verlust

Unmittelbarer Vorteil: 1,2 Mrd. Euro Abschreibungsbedarf für die Südeuropa-Töchter noch in diesem Jahr wären vermieden worden, bei der Kapitalausstattung der (noch nicht gegründeten) Bad Bank hätte man sich eine Milliarde erspart.

Die Hypo hat dem Finanzministerium dieses Konzept unter anderem in einem (der „Presse“ vorliegenden) Positionspapier Anfang Mai übermittelt. In diesem Papier steht auch die Alternative: Sollten die Almunia-Forderungen eins zu eins umgesetzt werden, würde das den Verlust der Hypo Alpe Adria im Jahr 2013 um 1,9Mrd. Euro erhöhen, womit der Gesamtverlust für dieses Jahr auf 2,5 bis drei Mrd. steigen könnte. „Budgetiert“ war für heuer ein Verlust von 300 Mio. Euro. Zudem würde die Bank noch heuer 1,9 bis 2,4 Mrd. Euro an frischem Kapital benötigen.

Die Reaktion des Finanzministeriums auf das Papier: null. Zu diesem Zeitpunkt hatte man sich offenbar schon entschlossen, Vorstand und Aufsichtsrat zu „overrulen“ und Beamte, den aus der Wirtschaftskammer geholten „Bankenbeauftragten“ und die neu gegründete Taskforce allein in die Schlacht zu schicken.

Das Ergebnis: ein Umstrukturierungsplan, bei dem die Organe der Bank (die seit Langem ein Konzept in der Tasche hatten) nicht mehr mitdiskutieren durften und der auch ohne ihr Wissen nach Brüssel geschickt wurde.

In diesem Umstrukturierungsplan sagt das Ministerium unter anderem zu, dass die verkaufbaren Teile zu einem „deutlich früheren als den bisherigen Zeitpunkten reprivatisiert“ werden, dass zusätzlich „faule“ Kredite aus den Südosteuropa-Banken in die Bad Bank transferiert werden, und dass die Italien-Tochter nicht, wie geplant, reprivatisiert wird, sondern das Leasing-Neugeschäft per 1.Juli einstellt und dann in die Bad Bank wandert.

Conclusio in dem Papier, das den Kapitalbedarf für die Abbaubank bis 2017 mit bis zu 5,4 Mrd. Euro angibt: Der überarbeitete Plan werde, so heißt es darin, in einem deutlich weiter gehenden Umfang, als dies in früheren Versionen vorgesehen war, zur vollständigen Zerschlagung und weitgehenden Abwicklung der HAA führen.

Einzige Gegenbedingung, die das Ministerium im Brief nach Brüssel stellt: Sollte sich die Marktlage verschlechtern, „erlaube“ man sich, um eine Verlängerung der Verkaufsfrist für die Südosteuropa-Töchter bis Mitte 2015 zu „ersuchen“. Mit anderen Worten: Kapitulation auf der ganzen Linie.

Organe der Bank ins Eck gestellt

Wie sehr die Organe der Bank ins Eck gestellt wurden, zeigt ein Brief, den der damalige Chef des Hypo-Aufsichtsrats, Johannes Ditz, am 22.Mai der Finanzministerin schickte. Darin drückt der Aufsichtsrat sein „Bedauern“ darüber aus, dass sich Diskussionen und Entscheidungen zum Restrukturierungskonzept „von den hiefür nach Aktienrecht zuständigen Organen zu diversen Expertengremien ohne aktienrechtliche Verantwortung“ verlagert hätten. Es folgt der Hinweis, dass der Brief nach Brüssel hinter dem Rücken von Vorstand und Aufsichtsrat ein schwerer Verstoß gegen die Corporate-Governance-Regeln sei und die Aufforderung, die Entscheidungen in das Unternehmen und zu den dort zuständigen Organen zurückzuverlagern.

Der Rest, der im Rücktritt des solcherart düpierten Aufsichtsratschefs gipfelte, ist bekannt. Ein Insider fasste das Trauerspiel im Gespräch mit der „Presse“ so zusammen: „Diese Bank wird gerade zum zweiten Mal politisch an die Wand gefahren.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2013)

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