Auch der Festspielsommer hat am Wochenende schon begonnen

Komponisten wie Johannes Brahms ließen sich vom Wörthersee inspirieren. Aber auch die Avantgarde schwärmt von der Kärntner Landschaft nach Noten.

In Kärnten findet alljährlich eines der ersten sommerlichen Festivals statt. Elena Denisova und Alexei Kornienko haben sich vorgenommen, den Komponisten, die am Wörthersee gearbeitet haben, ein tönendes Denkmal zu setzen. Mahler und Brahms, Anton Webern und Hugo Wolf, Alban Berg nicht zu vergessen, sie verbindet das Naturerlebnis am – auch heuer wieder rechtzeitig zu Festivalbeginn – sonnigen See.

Doch kommen bei Wörthersee Classics auch die Zeitgenossen zum Zuge, heuer in besonders eindrucksvoller Zahl. Gleich drei Uraufführungen präsentierte das von Gilbert Sabitzer geführte Carinthia Saxofonquartett im Mozartsaal des Klagenfurter Konzerthauses, drei weitere Werke jüngeren Datums, allesamt in der Region entstanden – Gegengewicht zur Novität aus der Feder eines Altmeisters aus Deutschland: Udo Zimmermann hat für Festspielchefin Denisova ein Violinkonzert komponiert, „dans la marche“ genannt, das am Eröffnungsabend aus der Taufe gehoben wurde.

Schon da atmete das Publikum rasch auf: Es gibt Neue Musik, die sich für den aufmerksamen Hörer als verhältnismäßig problemlos „konsumierbar“ entpuppt.

Dramaturgisches Geschick wie beim Opernprofi Zimmermann regiert auch bei Manfred Plessl (Jahrgang 1984), geübt im Erstellen von Filmmusik-Scores. Für das Saxofonquartett hat er ein Stück geschaffen, das Techniken dieses Gebrauchsgenres mit Improvisatorischem verbindet – und zwar raffiniert als Spiegel eines poetischen Programms: „Cinemascope“ ist – wie Stephan Kühnes avantgardistischere „Spiegel – Wellen“ – von der Kärntner Landschaft inspiriert.

Dazu Älteres von Lampersberg, Neues von Gudio Mancusi und die Uraufführung (!) eines 40 Jahre alten „Balletts“ für zwei Saxofone, in dem Erich Eder de Lastra mittels geschmeidig ineinander verschlungener Linien den Zwölftonraum auslotet. Der Abend erhielt ebenso viel Applaus wie die Aufführung von Kammermusik von Brahms und Schubert tags zuvor, als die Gastgeber mit dem energetischen Bratscher (und Chef des finnischen Kammermusikfestivals von Kuhmo), Vladimir Mendelssohn, dem exzellenten Cellisten Erich O. Hütter und dem Wiener Bassisten Christian Roschek hinreißend schwungvoll und ausdrucksstark aufspielten.

Dieter Kaufmann präsentierte – nebst einem CD-Programm mit jüngeren Werken, interpretiert von den Festspielgastgebern – ein neues südfranzösisches Reisetagebuch nach Noten. Und Nuria Schönberg ihre Memoiren, die Ilse Schneider aufgezeichnet hat. Die Witwe Luigi Nonos und Tochter Arnold Schönbergs stellte gestern Vormittag in Klagenfurt auch eine Multimediadokumentation über Leben und Schaffen ihres Vaters vor – und sucht noch einen Verlag für ihre Memoiren...

wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2013)

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