Der freiheitliche Landesparteichef hält im Interview mit der "Presse" die Angaben der Koalition zum Schuldenstand für übertrieben. Die Geschäfte der Agentur Connect verteidigt er.
Die Presse: Herr Ragger, hat die FPK Kärnten in den Ruin geführt?
Christian Ragger: Das glaube ich nicht. Ganz im Gegenteil, wir haben versucht, in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung einen konsolidierten Budgetkurs zu fahren.
Dieser hat dazu geführt, dass Kärnten jetzt 4,8 Milliarden Euro Schulden hat.
Die tatsächliche Verschuldung beläuft sich auf 2,7 Milliarden Euro. Die neue Landesregierung hat versucht, den Kärntnern weiszumachen, dass man auch die noch nicht bewerteten Schulden dazurechnet. Das ist, als würde man einem Häuselbauer, der einen Kredit aufgenommen hat, diesen sofort fällig stellen. Da würde jeder Häuselbauer in Konkurs gehen.
Aber ein Häuselbauer, der einen Kredit aufnimmt, hat natürlich Schulden.
Ja, aber die Landesregierung hat nicht nur die Verbindlichkeiten dazugerechnet, sondern auch die Zinsen für die nächsten Jahre.
Selbst wenn man Ihre Zahlen nimmt: Die Freiheitlichen haben Kärnten 1999 mit 900 Millionen Schulden übernommen, alle Vermögenswerte verkauft und stehen jetzt mit mindestens dem dreifachen Schuldenberg da. Das ist doch keine tolle Performance.
Man muss aber auch die Entwicklung sehen. Wir haben 1999 unter dem verstorbenen Landeshauptmann Jörg Haider die budgetären Schulden abgesenkt und dann gemeinsam mit den Koalitionspartnern SPÖ und ÖVP die Verbindlichkeiten wieder aufgebaut. Das war aber für Investitionen in Infrastrukturprojekte, wie das LKH Klagenfurt. Man hat auch Werte geschaffen.
Also war der Aufbau der Schulden aus Ihrer Sicht in Ordnung?
Nein, ich sage nicht, dass das in Ordnung ist. Was ich sage, ist, dass wir versucht haben, in wirtschaftlich schweren Zeiten eine Konsolidierung vorzunehmen. Wir haben das jährliche Minus von 180 auf 101 Millionen Euro gesenkt.
Jetzt tauchen Belege auf, wie in den vergangenen Jahren mit Geld umgegangen wurde. So hat Ihr Landesrat Harald Dobernig aus dem Kulturbudget alles Mögliche finanziert, von USB-Sticks mit seinem Konterfei bis hin zu einem Gilet. Finden Sie das in Ordnung?
In der Form, wie es mir jetzt vorliegt und wenn es sich bewahrheitet, finde ich es auf keinen Fall in Ordnung.
Welche Konsequenzen wird es geben?
Wenn es sich bewahrheitet, dass das strafrechtliche Folgen hat, wird es auch innerhalb der Partei eine Konsequenz geben – von einer Ruhendstellung von Dobernigs Mitgliedschaft bis zum Ausschluss.
Die Freiheitlichen stehen im Mittelpunkt eines anderen Strafverfahrens: der Connect-Affäre. Erwarten Sie Verurteilungen?
Nach den Ergebnissen der Prüfung durch Wirtschaftstreuhänder, die mir vorliegen, sehe ich zurzeit keine strafrechtlich relevanten Handlungen. Aber jetzt ist das Justizministerium am Zug.
Baufirmen, die Aufträge vom Land bekamen, haben an die FPK-Agentur Zahlungen für „Layoutberatung“ geleistet. Waren das reale Geschäfte?
Da ich erst im Jahr 2013 die Agenden der Partei übernommen habe, kann ich Ihnen das leider nicht sagen. Aber ich gehe einmal davon aus, dass hier in korrekter Weise eine Beratung stattgefunden hat.
Aber Sie verstehen, dass diese Geschichte für einen Außenstehenden sehr seltsam aussieht.
Ich denke, dass die Beratungstätigkeit der Connect-Agentur mit einem realen Sachgeschäft verbunden gewesen ist. Es wird sich weisen, ob die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Relevanz sieht.
Und Sie glauben das wirklich?
Ja, sonst wären die Rechnungen nicht ausgestellt worden.
Wie wollen Sie die FPK positionieren?
Wir werden eine bürgerlichere Partei. Der Schwerpunkt liegt im Bereich der Familien, der Arbeitsplätze, der Sicherheit und der Kosten des täglichen Lebens. Wir werden natürlich weiter nach dem Vorbild der CSU auch rechte Positionen abdecken.
Stellen sich die Kärntner Freiheitlichen breiter als die Bundes-FPÖ auf?
Die Kärntner Freiheitlichen waren immer breiter aufgestellt als die Bundes-FPÖ. Wir sind jahrzehntelang einen eigenständigen Weg gegangen, auch vor der Zeit des Jörg Haider.
Halten Sie die Konzentration auf das Ausländerthema für einen Fehler?
Ich glaube, dass die FPÖ in den vergangenen Monaten gezeigt hat, dass das Ausländerthema nicht das alleinige Thema ist.
Zur Person
Christian Ragger (40) ist Obmann der freiheitlichen Partei in Kärnten (FPK) und als Landesrat für rechtliche Angelegenheiten des Landes zuständig. Er ist der Einzige aus dem früheren freiheitlichen Regierungsteam, der nach der verlorenen Landtagswahl vom 3.März in einer Spitzenposition verblieben ist. Ragger will die FPK wieder als Landesorganisation in die FPÖ eingliedern. Vor seiner politischen Tätigkeit war er Rechtsanwalt in Wolfsberg.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.06.2013)