Prammer: "Trödeln" verboten für die Koalition

„Trödeln dürfen wir nicht mehr“: Nationalratspräsidentin Barbara Prammer drängt beim Demokratiepaket zur Eile.
„Trödeln dürfen wir nicht mehr“: Nationalratspräsidentin Barbara Prammer drängt beim Demokratiepaket zur Eile.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Egal ob Demokratiepaket, Wohnen oder Lehrerdienstrecht: Für die Regierung werden Vorhaben vor der Nationalratswahl am 29. September zum Wettlauf mit der Zeit. Baunormen sorgen für Debatte.

Wien/Ett. Die Parlamentarier müssen diese Woche die Ärmel aufkrempeln: Rund 50 Tagesordnungspunkte stehen an drei Sitzungstagen von Mittwoch bis Freitag dieser Woche auf dem Programm. Anfang Juli folgt dann das Parlamentsfinale vor der Sommerpause und vor der Nationalratswahl am 29. September.

Gleichzeitig arbeitet die rot-schwarze Koalition freilich daran, noch ein paar weitere Vorhaben unter Dach und Fach zu bringen. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) ist zuversichtlich, dass es vor dem Sommer zumindest noch zur Einigung über ein Demokratiepaket inklusive einer Aufwertung von Volksbegehren kommt.

Welche Änderungen sind jetzt noch vorgesehen, woran spießt es sich und wie groß sind die Chancen für eine Umsetzung?
Demokratiepaket: Seit Beginn der Vorwoche ist die SPÖ bereit, dass Volksbegehren ab einer bestimmten Unterstützung verpflichtend zu einer Volksbefragung führen. Offen ist, wie viele Unterstützungsunterschriften dabei ein Volksbegehren zuerst aufweisen muss. Die Größenordnung liegt bei zehn Prozent der Wahlberechtigten, das wären mehr als 600.000Bürger. Für Diskussionsstoff sorgt jedoch die Frage, welche Themen von Volksbefragungen ausgeklammert bleiben. Zwar waren sich die Parteien noch nie so nah wie zuletzt. Prammer warnte dennoch am Montag vor Journalisten mit Blick auf den Kalender: „Trödeln dürfen wir nicht mehr.“
Lehrerdienstrecht: Mehr als fraglich ist hingegen, ob sich Regierung und Gewerkschaft vor der Wahl auf ein neues Lehrerdienstrecht inklusive einer Reform der Gehälter einigen können. Die ÖVP hat in der Vorwoche versucht, mit einem eigenen Kompromissvorschlag Schwung in die Verhandlungen zu bringen: Dieser sieht unterschiedliche Gehälter beispielsweise für Volksschul- und AHS-Lehrer statt einheitlicher Grundbezüge für alle künftigen Pädagogen vor. Dies wird von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) und von den SPÖ-Lehrervertretern abgelehnt. Die Auseinandersetzung spitzt sich nun vor der nächsten Verhandlungsrunde zwischen Regierung und Lehrergewerkschaftern übermorgen, Donnerstag, zu. Bundeskanzler Werner Faymann will aber einen Abschluss und hat mehrere Gipfelgespräche angekündigt, sollte es keine Fortschritte geben.
Günstigeres Wohnen: Im Gegensatz dazu gilt es als fix, dass SPÖ und ÖVP schon demnächst einen Maßnahmenkatalog vereinbaren und vorlegen werden, um den Wohnbau anzukurbeln und damit für billigeres Wohnen zu sorgen. Neben zusätzlichen Millionen, die in den Neubau von Wohnungen fließen werden, herrscht grundsätzlich Einvernehmen, dass es mehr Transparenz für Mieter bei den Zu- und Abschlägen von Mieten geben muss. Für eine umfassende Reform des Mietrechts wird außerdem eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die nach der Wahl im Laufe des Jahrs 2014 Ergebnisse ausarbeiten soll.

Institutschef weist Kritik zurück

Die Architektenkammer hat beklagt, die vielen Vorschriften im Bauwesen kosteten 300 Millionen Euro oder umgerechnet 2000 Wohnungen. Wegen der zahlreichen Normen wurde das Austrian Standards Institute scharf kritisiert („Die Presse“ vom 8.Juni). Der Präsident des Austrian Standards Institute, Universitätsprofessor Walter Barfuß, verwahrt sich „bei allem Verständnis für vielfältige Profilierungsanreize“ gegen diese Kritik. Naturgemäß „verteuernde“ Qualitätsvorgaben für das Bauen seien vor allem in Landesgesetzen in Form der Bauordnungen sowie in Richtlinien außerhalb von Ö-Normen zu finden, betont Barfuß. Keine davon sei beim Austrian Standards Institute erarbeitet worden.

Er sei auch „schon sehr neugierig“, welche Gruppierung etwa die Forderung zur Beseitigung von „behindertengerechtem Bauen“ auf ihr Banner heften werde, meinte der Institutspräsident. Es wäre legitim, über „ausufernde Qualitätsansprüche“ nachzudenken. Das Austrian Standard Institute sei dafür aber „mit Sicherheit nicht der zutreffende Ansprechpartner“.
Spekulationsverbot: Fraglich ist, ob das zu Beginn 2013 nach der Salzburger Finanzaffäre mit den Ländern vereinbarte Spekulationsverbot als bundesweite Vorgabe beschlossen wird. Dafür ist die Zustimmung von FPÖ oder Grünen notwendig, die seit Monaten aussteht, weil der Opposition die Regelung nicht weit genug geht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2013)

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