Der Deutschägypter Hamed Abdel-Samad sieht religiösen Faschismus im Iran selbst angelegt. Nun muss er untertauchen.
Er habe es gerade mit „ein paar Idioten hier in Ägypten zu tun, die meinen, mir den Mund verbieten zu können“, formulierte es der Wissenschaftler Hamed Abdel-Samad auf Facebook leicht untertrieben. Immerhin zeigte eine der beliebtesten Facebook-Seiten der Muslimbruderschaft sein Gesicht mit der Aufschrift „Wanted Dead!“ auf seiner Stirn. Vergangenes Wochenende schließlich hat ein militant-islamistischer Scheich noch eins draufgesetzt. Er rief bei einem salafistischen TV-Sender zur Ermordung des Politologen auf.
Der Grund: Hamed Abdel-Samad hat in einem Vortrag in Kairo gesagt, der religiöse Faschismus im Islam sei im Islam selbst begründet. Er ist es gewohnt, sich bei seinen Analysen der islamischen Welt kein Blatt vor den Mund zu nehmen. In Deutschland kennt man ihn unter anderem für seine Autobiografie „Mein Abschied vom Himmel“ und als TV-Partner des Publizisten Henryk Broder. Nun ist der 41-Jährige untergetaucht.
Was hat der ägyptische Staatspräsident Mohammed Mursi damit zu tun? Scheich Assem Abdel-Maged, ein Anführer der militant-islamistischen Bewegung „Dschamaa Islamiya“, ist ein Verbündeter Mursis.
Für 30.Juni ist eine Massendemonstration gegen Mursi geplant, der Scheich wolle die Bewegung insgesamt schwächen, sagt Abdel-Samad im Interview mit „Spiegel online“. Er versuche, „meine Religionskritik als repräsentativ für alle Oppositionellen darzustellen“.
Abdel-Samad appelliert an die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle, „dass sie den Aufruf aufs Schärfste kritisieren und Präsident Mursi dazu aufrufen, ihn ebenfalls zu verurteilen“. sim
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2013)