Der ORF-Publikumsrat protestiert in einem öffentlichem Brief gegen die Schließung des griechischen Staatsrundfunks ERT.
Als "barbarischen und antidemokratischen Akt" hat ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz am Mittwoch die plötzliche Schließung des griechischen Staatsrundfunks ERT durch die Regierung in Athen bezeichnet. Die Maßnahme erntete auch in der Plenarsitzung des ORF-Publikumsrats am Vormittag massive Kritik.
Das Gremium protestierte in einem öffentlichen Brief, der unter anderem an die griechische Botschaft in Wien und die österreichische Botschaft in Griechenland gehen soll, gegen die Stilllegung des staatlichen Rundfunks. Diese sei "eine Gefahr für den demokratischen Diskurs und die Pressefreiheit in Griechenland" hieß es in dem vom Publikumsrat einstimmig abgesegneten Schreiben.
Der Publikumsrat fordert daher die griechische Regierung auf, diesen Schritt "umgehend zurückzunehmen" und unterstützt alle Aktivitäten der Europäischen Rundfunkunion (EBU) zur Weiterentwicklung des Rundfunks in Richtung eines öffentlich-rechtlichen Senders.
EBU fordert Regierung auf, Entscheidung "zu annullieren"
Die EBU hatte bereits in der Nacht auf Mittwoch die griechische Regierung aufgefordert, die Entscheidung "unverzüglich zu annullieren", am Nachmittag soll das weitere Vorgehen der Europäischen Rundfunkunion besprochen werden.
Für Wrabetz sei der Akt, der ohne öffentliche Diskussion erfolgt sei, "einmalig in der europäischen Geschichte, unverantwortlich und extrem unprofessionell". Selbst wenn die Regierung ihre Ankündigung, den Senderbetrieb in absehbarer Zukunft in rundumerneuerter Form wiederaufzunehmen, tatsächlich in die Tat umsetzen will, sei es "unprofessionell und kurzsichtig", den Sender mit all seinem Potenzial abzudrehen. Eine Wiederbelebung des Senders sei in dem Fall extrem schwierig, so der Generaldirektor.
Er betonte, dass der ERT sehr staatsnah geführt worden sei und in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren habe. Daher bestehe "Handlungsbedarf, den Sender positiv weiterzuentwickeln", ihn "abzudrehen" sei aber definitiv der falsche Weg.
ORF-Journalisten solidarisch
Die Journalisten des ORF sind "bestürzt über die undemokratische Aktion". Der Redakteursrat drückte den Kollegen des Rundfunksenders ERT seine Solidarität aus und forderte die Regierung auf, ihre Entscheidung umgehend zurückzunehmen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und eine freie Presse seien die Infrastruktur der Demokratie, ohne die die "Kontrolle der Regierenden" fehle.
Das Beispiel Griechenland zeige deutlich, wie wichtig wirtschaftliche und parteipolitische Unabhängigkeit sowie Staatsferne für ein öffentlich-rechtliches Medium seien. "Zuerst versuchen politische Parteien, ihre Vertrauensleute auf wichtigen Positionen unterzubringen, um anschließend darüber zu lamentieren, wie überbesetzt und teuer der Rundfunk ist. Und um ihn dann gänzlich abzuschaffen - ohne darüber öffentlich diskutieren zu wollen", kritisierte Vorsitzender des ORF-Redakteursrates Dieter Bornemann.
Die Privatisierung öffentlich-rechtlicher Medien spiele kommerziellen Interessen in die Hände und führe "ganz sicher nicht zu einem besseren Journalismus, der eine Kontrollfunktion gegenüber den Mächtigen eines Landes haben muss. Denn Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt sind die wesentlichen Grundpfeiler einer pluralistischen Gesellschaft", so der ORF.
Gewerkschaft: "Anschlag auf die Demokratie"
Die Gewerkschaft GPA-djp bezeichnete die Schließung von ERT als "Anschlag auf die Demokratie und die Meinungsfreiheit". Dieser könne "keinesfalls widerstandslos hingenommen werden", sagten GPA-Chef Wolfgang Katzian, Gewerkschaftsvorsitzender Franz C. Bauer sowie Gerhard Moser, Zentralbetriebsratsvorsitzender des ORF. "Presse- und Rundfunkfreiheit sind essenzielle Werte, umso trauriger ist es, dass sie gerade in Griechenland, jenem Land, das gerne als Wiege der Demokratie bezeichnet wird, per Gewaltakt kaputtgespart werden sollen", hieß es in einer Aussendung.
Auch die GdG-KMSfB (Gewerkschaft der Gemeindebediensteten - Kunst, Medien, Sport, freie Berufe) kritisierte den griechischen Regierungsbeschluss. Die Sparwut kenne offensichtlich keine Grenzen, man unterstütze deshalb den Streik der Journalisten. Gleichzeitig forderte der Vorsitzende Christian Meidlinger ein Umdenken der Europäischen Kommission.
(APA)