Griechenland hat erneut Probleme, die Zusagen an seine Geldgeber zu erfüllen. Ein Grund ist die gescheiterte Privatisierung des Gaskonzerns Depa, bei der auch die EU intervenierte.
Athen/Brüssel/C.g./Ag. Ein Grund für die radikalen Maßnahmen der griechischen Regierung ist ein Debakel bei der Privatisierung. Weil die Regierung in Athen keinen Käufer für staatliche Unternehmen findet, fehlt ihr rund eine Milliarde Euro im diesjährigen Haushalt. Ministerpräsident Antonis Samaras, der neue Sparanstrengungen ausschließt, bleibt nur die Hoffnung, dass ihm die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und der IWF mehr Zeit geben, die Vorgaben zu erfüllen. Ein ranghoher Regierungsvertreter sagte, das Land werde seine Gläubiger nun um Zustimmung bitten, dass das eingeplante Geld aus dem Verkauf erst 2014 in die Kasse fließt.
Etwa 2,5 Milliarden Euro sollte Griechenland in diesem Jahr durch Privatisierungen verdienen. Bisher konnte die Regierung durch den Verkauf der Wettgesellschaft lediglich 650 Millionen Euro einnehmen. Durch das Scheitern des Verkaufs der Erdgasgesellschaft Depa entgehen dem Staat nun Einnahmen zwischen 750 und 900 Millionen Euro. Der russische Gasgigant Gazprom, der direkte Gespräche mit Griechenlands Ministerpräsident Samaras führte, hatte vorerst andere Interessenten an den Rand gedrängt. Nach und nach zogen die Konkurrenten ihre Angebote zurück. Umso länger sind daher die Gesichter in der griechischen Regierung, die nun durchsickern lässt, dass Einwände der EU-Kommission letztlich auch Gazprom zum Rückzug bewogen hätten. Brüssel hat gegen Gazprom in Zusammenhang mit ihrer dominierenden Stellung auf den europäischen Märkten bereits Untersuchungen eingeleitet. In Griechenland, dessen Gas zu etwa 66 Prozent von Gazprom kommt, zahlt der Konsument schon jetzt etwa 30 Prozent mehr als in anderen europäischen Ländern. War die Kommission also schuld am geplatzten Deal?
Hoffen auf Aserbaidschan
Gazprom selbst stellte fest, dass die Sicherungen, die die griechische Privatisierungskassa für die Schulden der griechischen Großkunden bei Depa – etwa 400 Millionen Euro – gab, letztlich nicht ausreichten. Die Privatisierungskassa hatte 180 Millionen Euro als Sicherung bis 2015 geboten, Depa selbst hatte in den letzten Wochen in einer Aktion scharf säumigen Kraftwerken gar den Gashahn abgeschaltet. Die Verantwortlichen überlegen nun die schnellere Privatisierung der staatlichen Erdölgesellschaft Elpe, die 30 Prozent an Depa hält. Damit könnte die Gasgesellschaft nun „indirekt“ privatisiert werden.
Auffällig ist jedenfalls, dass auch der zweite russische Anbieter, der zeitgleich ein Angebot für die getrennt zum Kauf stehende Depa-Tochter DESFA, die das Leitungsnetz betreibt, hätte stellen sollen, sich ebenfalls zurückzog. So blieb nur die Gasgesellschaft von Aserbaidschan, Socar, im Rennen für DESFA. Und das ist die positive Nachricht für die Griechen: Das Land hofft, dass das Erdgas aus Aserbaidschan, das über die Türkei nach Europa kommen wird, in Zukunft die „Südroute“ über Griechenland und die Adria nach Italien nehmen wird – und nicht die Route über Rumänien, Ungarn und Österreich. Dass Aserbaidschan nun das griechische Leitungsnetz übernehmen will, könnte für die Griechen also positive Folgen haben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2013)