Sender-Schließung: Euro-Gruppe gibt Hilfen für Athen frei

A nationalist holds a Greek flag during a protest against government plans to build the first official mosque in an Athens neighborhood
A nationalist holds a Greek flag during a protest against government plans to build the first official mosque in an Athens neighborhoodREUTERS
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Insidern zufolge gibt es grünes Licht für die nächste Kredittranche. Die Schließung des staatlichen Rundfunks sei "auf jeden Fall hilfreich" gewesen. Unterdessen gingen die Journalisten-Streiks in Griechenland weiter.

Auch dank der umstrittenen Schließung des Staatsfernsehens kann Griechenland laut Insidern mit der nächsten Hilfszahlung seiner internationalen Geldgeber rechnen. Zwei Vertreter des Finanzministeriums in Athen sagten Reuters am Freitag, die Euro-Gruppe habe auf Arbeitsebene grünes Licht für die Kredittranche in Höhe von 3,3 Milliarden Euro gegeben. Das abrupte Ende der staatlichen Sender ERT mag die Regierung zwar in eine politische Krise gestürzt haben, aber bei den Kreditgebern kam der Schachzug offenbar gut an. "Die Schließung von ERT war auf jeden Fall hilfreich", erklärte einer der Insider.

Die Finanzminister hatten die Auszahlung der Tranche bereits vergangenen Monat unter bestimmten Voraussetzungen genehmigt. Bedingung für die Freigabe waren Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung, beim Schuldenerlass für Haushalte sowie Reformen auf dem Elektrizitätsmarkt. Die Freigabe auf Arbeitsebene ebnet nun den Weg für die endgültige Zustimmung der Finanzminister. Es wird damit gerechnet, dass sie die Auszahlung Ende des Monats offiziell durchwinken.

Die Überweisung dieser Tranche würde das Volumen der seit Mitte 2010 insgesamt ausgezahlten Hilfskredite auf rund 210 Milliarden Euro erhöhen. EU und IWF haben bis 2014 insgesamt 240 Milliarden Euro dafür zugesagt, eine Staatspleite Griechenlands zu verhindern.

Journalisten streiken weiter

Die griechischen Journalisten haben unterdessen ihren Protest gegen die Schließung des staatlichen Rundfunks fortgesetzt. In Radiosendungen wurde am Freitag nur über die Schließung des Staatsrundfunks und die Folgen berichtet. Andere Nachrichten gab es nicht. Wie lange der Streik dauern werde, blieb offen.

Am Freitag schaltete sich auch die Europäische Rundfunk-Union (EBU) ein. Ihr Präsident, Jean-Paul Philippot, forderte in Athen die Wiederöffnung der ERT. Er übergab einen entsprechenden Brief an den griechischen Finanzminister Giannis Stournaras mit den Unterschriften der Direktoren von 51 europäischen öffentlich-rechtlichen Sendern.

Zweifel an Vereinbarkeit mit EU-Recht

Auch EU-Parlamentspräsident Schulz kritisierte den Regierungsbeschluss zum Ende des ERT. In einem am Freitag versandten Brief forderte er den konservativen Premier Antonis Samaras auf, seine umstrittene Entscheidung zu überdenken und sich Alternativen für eine Restrukturierung zu überlegen. In der Zwischenzeit solle die Fernsehanstalt in Betrieb bleiben.

Zudem äußerte er Zweifel an der Vereinbarkeit mit EU-Recht. Nach dem Vertrag von Amsterdam sei das System der öffentlich-rechtlichen Sender in der EU direkt mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen einer jeden Gesellschaft verknüpft, ebenso mit der Notwendigkeit, Medienvielfalt zu bewahren. Schulz verwies auch auf die EU-Grundrechte, nach denen Medienmitarbeitern Informationen garantiert werden müssten.

Notprogramm könnte auf Sendung gehen

Die Regierung in Athen suchte am Freitag nach einem Ausweg aus der Krise. Ein enger Mitarbeiter des Regierungschefs sondierte am Freitag in einem Treffen mit dem Chef der kleinen Koalitionspartei Demokratische Linke (DIMAR) die Möglichkeit einer Interims-Lösung. Ein Notprogramm des staatlichen Rundfunks könnte auf Sendung gehen, bis in etwa zwei Monaten eine neue Institution gegründet wird. Die Demokratische Linke lehnte dies ab. Das staatliche Fernsehen solle "so wie es war" wiedergeöffnet werden, forderte die Partei. Danach könne es Reformen geben, sagte ihr Sprecher.

Mit Spannung wurde eine Entscheidung des höchsten griechischen Verwaltungsgerichtshofes erwartet. Die entlassenen Mitarbeiter der ERT haben Beschwerde eingelegt, weil sie den Beschluss zur Schließung ihres Senders für verfassungswidrig halten. Spätestens am Samstag solle eine Entscheidung fallen, berichteten griechische Medien.

ERT-Schließung

Die ERT hatte in der Nacht auf Mittwoch auf Regierungsanweisung ihren Sendebetrieb einstellen müssen. Rund 2700 Menschen verloren ihre Arbeit. Ende August soll es dann einen Neustart mit etwa 1200 Beschäftigten geben. Die Europäische Rundfunk-Union überträgt auf ihrer Homepage das Protestprogramm der ERT-Redakteure.

(APA/Reuters/dpa/AFP)

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