Petritsch: "Völlige Aufgabe von Österreichs Außenpolitik"

Petritsch Voellige Aufgabe oesterreichs
Petritsch Voellige Aufgabe oesterreichs(c) APA
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Der österreichische Botschafter bei der OECD übt massive Kritik am Golan-Truppenabzug. Die Situation sei "völlig falsch" eingeschätzt worden.

Der österreichische Botschafter bei der OECD, Wolfgang Petritsch, hat den Abzug der österreichischen UNO-Truppen vom Golan als "völlige Aufgabe der Außenpolitik Österreichs" kritisiert. "Da verabschiedet sich ein Außenminister von unseren internationalen Verpflichtungen", erklärte der Diplomat im Interview mit der am Montag erscheinenden Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" laut Vorausmeldung. "Die engagierte österreichische Außenpolitik ist nun vorbei."

Israel sei vom Abzug der österreichischen UNO-Soldaten direkt betroffen, so der frühere enge Mitarbeiter Bruno Kreiskys, der später als EU-Chefverhandler für den Kosovo und Zivilverwalter Bosniens in internationalen Top-Funktionen tätig war. "Daher hätte Österreich beachten sollen, dass wir mit der UN-Mission am Golan auch eine wesentliche Aufgabe zum Schutz des jüdischen Staates übernommen haben."

"Situation falsch eingeschätzt"

"Die Situation wurde falsch eingeschätzt", beklagt der Botschafter bei der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris. "Ausgerechnet Österreich entzieht sich in einer heiklen Phase seiner historisch bedingten Verantwortung und lässt sich von Soldaten aus den Fidschi-Inseln ablösen."

Petritsch sieht Österreichs aktive Mitarbeit bei UNO-Friedensmissionen "leichtfertig aufs Spiel gesetzt": "Indem wir jetzt die UN desavouieren, desavouieren wir uns selbst als einer von drei UN-Standorten, den Bruno Kreisky gegen den wütenden Widerstand eines späteren VP-Außenministers durchgesetzt hat." Nun sei zu befürchten, "dass wir künftig auch von Sparmaßnahmen der UN stärker betroffen sein werden".

Petritsch kritisierte, dass der EU-Beitritt nicht "zu einer Neuaufstellung unserer Außenpolitik geführt hat". Auf dem Balkan könnte Österreich mit gleichgesinnten Partnern aktiv werden, da Brüssel "im Moment andere drängende Probleme lösen muss", so der Spitzendiplomat. "Gerade in Bosnien könnte Österreich mit einer kohärenten Strategie - ich nenne sie Europäisierung - dazu beitragen, dass sich dort endlich etwas zum besseren bewegt und sich die drei Ethnien dort nicht länger gegenseitig blockieren."

(APA)

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