"Erdogan Faschist": Solidaritätskundgebungen in Wien

Die Demonstranten beim Heldendenkmal der Roten Armee am Wiener Schwarzenbergplatz.
Die Demonstranten beim Heldendenkmal der Roten Armee am Wiener Schwarzenbergplatz.(c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Rund 700 Teilnehmer forderten in Wien der Rücktritt des türkischen Premiers. Sie drückten ihren Unmut über das brutale Vorgehen der türkischen Polizei aus.

Auch in Wien haben am Sonntag hunderte Menschen gegen das Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte protestiert. "Es ist unfassbar, wie brutal die Polizei dort im Gezi-Park gegen Menschen vorgeht", sagte Murat Barlan, Obmann des Vereins zur Förderung des Gedankenguts Atatürks in Österreich und Veranstalter der Demonstration.

"Nun hat Erdogan sein faschistisches Gesicht gezeigt. Und wir unterstützen die Proteste von Wien aus", erklärte er seine Motivation. Laut Walter Nevoral, Vertreter der Landespolizeidirektion Wien, ist der Marsch "völlig friedlich und ohne Probleme" verlaufen. Seiner Schätzung nach nahmen 700 Menschen teil.

Rücktritt Erdogans gefordert

Die Teilnehmer am Protestmarsch forderten lautstark den Rücktritt Erdogans und der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP. Sie riefen Sprüche wie "Erdogan Faschist", "Erdogan tritt zurück", "Überall Taksim, überall Widerstand" und "Die Jugend Atatürks ist jetzt aktiv" oder "Wir sind die Soldaten von Kemal Atatürk". Zum Teil trugen die Marschierenden Kopfbinden mit der Aufschrift "Mutlu ist kein richtiger Türke". Zahlreiche türkische Flaggen und vereinzelt auch österreichische wurden geschwenkt. Auch auf Schildern wurde der Rücktritt Erdogans und der AKP gefordert, sowie ein Ende der Gewalt.

Neben Anhängern von Staatsgründer Kemal Atatürk waren viele nicht in Parteien oder Vereinen Organisierte gekommen, die erst durch die Ereignisse der letzten Wochen im Istanbuler Gezi-Park mobilisiert wurden. "Ich bin eigentlich ein absoluter Couch-Potato, aber die Medienzensur ist wie eine Rückkehr in die Biedermeierzeit", sagte der 33-jährige Besim gegenüber der Austria Presse Agentur. "Ich bin völlig schockiert, genug ist genug", betonte er. Die 24-jährige Byhan habe "große Angst" um ihren Verlobten, der sich derzeit in Istanbul aufhalte, und ihre weiteren Familienangehörigen. Unter Verweis auf das Vorgehen der Sicherheitskräfte und die Verfolgung von Demonstranten in Hotels sagte sie: "Das ist versuchter Mord."

Unterstützung für Demonstranten in Istanbul

Eine junge Familienmutter betonte, dass es wichtig sei, dass jeder Mensch frei denken und leben könne. Sie sei gekommen, um die Protestierenden in Istanbul im Kampf für Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu unterstützen. Die 23-jährige Selam erklärte sich als bekennende Kemalistin und sagte: "Wir unterstützen die Regierung nicht, denn diese steht nicht für das Gedankengut Atatürks."

Neben dem Verein zur Förderung des Gedankenguts Atatürks in Österreich waren auch einige andere türkische Vereine, so etwa der Verein der Alewitischen Gemeinschaft Wiens, der Muhabbet-Verein und der Hubyar-Verein vertreten, ebenso wie türkische Vereine aus den Bundesländern.

(APA)

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