Der große internationale Kaviarschwindel

WWF
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Störe sind vom Aussterben bedroht. Trotz Fangverbot floriert der Schwarzmarkt für Störkaviar – und Betrugsgeschäfte mit dem kostbaren Gut.

59,50 Euro kostet der Kaviar vom russischen Stör, aufgezogen in einer Fischfarm, in einem deutschen Onlineshop. Das Gewicht des Glasschälchens: 50 Gramm.

Kaviar ist ein knappes Gut und daher wertvoll. Früher galt er als Leibspeise der russischen Zaren, und aus Russland gelangte der Kaviar an europäische Herrscherhäuser. Eine Delikatesse für Reiche sind die Fischeier bis heute geblieben. Doch wie bei jeder kostbaren Naturressource ist die Gefahr der Ausbeutung groß.

Auch aus der Donau (Störe migrieren dorthin aus dem Schwarzen Meer zum Laichen) wurden Störe in so großen Mengen gefischt, dass die beeindruckenden Riesenfische mit dem knöchernen Panzer vom Aussterben bedroht sind. International ist der Handel durch Fangquoten streng begrenzt. In Bulgarien und Rumänien gilt seit einigen Jahren gar ein Fangverbot. Doch die Realität sieht anders aus: Fischer gehen illegal auf Jagd, teils ausgestattet mit Sonarmessgeräten, um die Störe im Wasser zu orten – und Unmengen zu verdienen.

Eine am Dienstag präsentierte Studie von WWF und Artenschutznetzwerk Traffic präsentiert erschreckende Details des Kaviar-Schwarzmarktes.

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Mittels DNA-Untersuchung von in Rumänien, Bulgarien und Österreich verkauftem Kaviar haben Forscher seinen wahren Ursprung eruiert. Ein Sechstel der Proben war illegal gefangener Störkaviar. Und: Sechs von 30 Proben waren zwar als Kaviar gelabelt, in Wirklichkeit aber minderwertige künstlich erzeugte Fischeier.

Selbst bei gekennzeichneten Produkten gibt es Etikettenschwindel: Von 15 Proben mit Artenschutz-Etikett „Cites“ waren acht fehlerhaft – das heißt, Inhalt und Label (es soll für die legale Herkunft aus zertifizierten Fischfarmen bürgen) stimmten nicht überein. Auch zwei in Wiener Fischgeschäften als Beluga- und Stellatus-Kaviar verkaufte Fischeier waren nicht das, was man den Käufern weismachen wollte.

Schutzsystem hat Lücken

Stör-Expertin Jutta Jahrl vom WWF rät daher Konsumenten zur Vorsicht: „Kauft man Kaviar ohne ,Cites‘-Etikett, ist die Gefahr sehr groß, dass er nicht ,sauber‘ ist – also entweder illegal gefangene oder falsche Ware.“ Die Umweltschützer kritisieren, dass auch das internationale Schutzsystem Lücken hat: „Auch ,Cites‘ bietet leider keine 100-prozentige Garantie, dass der Kaviar korrekt ist.“ Der WWF fordert mehr Stichproben – in den Produzenten- und auch in den Abnehmerländern. Jahrl: „Klebt einmal das Etikett auf dem Gläschen, wird nicht mehr kontrolliert. Die Gefahr von Missbrauch ist groß.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19. Juni 2013)

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