Ab 2014 wollen SPÖ und ÖVP die Familienbeihilfen reformieren,wenn sie dann noch in der Regierung sitzen. Die wichtigsten Eckpunkte des Familienpakets im Überblick.
Wien. Noch rechtzeitig vor der Nationalratswahl Ende September haben die Regierungsparteien das Familienthema neu entdeckt. Am Dienstag verkündeten Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) nach dem Ministerrat, wie exklusiv in der „Presse“ angekündigt, sich auf eine Reform der Familienbeihilfen vereinbart zu haben. Die Förderungen sollen transparenter werden, aber auch zunehmen.
1. Was ändert sich bei den Geldleistungen für Familien?
Die Förderungen sollen vereinfacht werden (auch wenn sie immer noch recht kompliziert sind): Statt sechs Instrumente soll es in Zukunft nur noch drei geben. Kernstück des neuen Modells bildet die reformierte Familienbeihilfe. Sie soll es nicht mehr in vier, sondern nur mehr in drei Höhen geben. Für Kinder bis zu neun Jahren gibt es 180 Euro im Monat, für 10- bis 18-Jährige 200 Euro im Monat und ab 19 Jahren 220 Euro (siehe Grafik).
Das sogenannte Schulstartgeld (100 Euro für Schulpflichtige im September) entfällt, der Kinderabsetzbetrag (58, 40 Euro) wird in Zukunft bei der Familienbeihilfe einberechnet. Die Zuschläge für Familien mit mehreren Kindern sowie für Kinder mit schwerer Behinderung bleiben, werden aber erhöht: Wer zwei Kinder hat, erhält zusätzlich 15 Euro, bei drei Kindern beträgt der Zuschlag künftig 75 Euro und Familien mit vier Kindern erhalten zusätzlich 240 Euro. Für jedes weitere Kind gibt es künftig 60 Euro. Der Zuschlag für Kinder mit einer schweren Behinderung beträgt 150 Euro.
2. Was ändert sich bei den Sachleistungen für Familien?
Die Mittel für den Ausbau der Kinderbetreuung sollen aufgestockt werden. Der Fokus liegt auf Einrichtungen für Null- bis Dreijährige: längere Öffnungszeiten, weniger Schließtage, kleinere Gruppen.
3. Ist es sicher, dass das neue Familienpaket kommt?
Nein. Das, was Faymann und Spindelegger am Dienstag präsentiert haben, ist „nur“ eine Punktation – also eine Absichtserklärung. Ob das Paket nach der Wahl auch tatsächlich noch kommt, ist unklar. Genauso wie ja auch noch nicht feststeht, ob SPÖ und ÖVP in der nächsten Legislaturperiode noch in der Regierung sitzen. Sollte es tatsächlich so sein, wollen sie das neue Paket jedenfalls bis zum Jahr 2014 umsetzen. Und da Kinderbetreuung Ländersache ist, müssten die Regierungsvorschläge auch mit den Ländern verhandelt werden.
4. Wie viel würde man (zusätzlich) für die Förderungen ausgeben?
In den nächsten vier Jahren sollen insgesamt 1,2 Mrd. Euro für die Geld- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden. 400 Millionen Euro davon werden in die Kinderbetreuung investiert. Die Aufstockung der Familienbeihilfe bringt laut Familienministerium etwa 200 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr.
5. Woher kommt das Geld für die Familienbeihilfen?
Das Geld für die Beihilfen kommt zum größten Teil aus dem Familienlastenausgleichsfonds (FLAF). Dieser hat zwar noch einen Schuldenberg, den er abbauen muss. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) versicherte allerdings, dass der Fonds trotz Reform im Jahr 2019 schuldenfrei sein könnte. Der Haken: Die Mittel, die in den FLAF fließen, sind zu gut 95 Prozent von der Wirtschaftslage abhängig – weil sie etwa Dienstgeberbeiträge oder die Einkommenssteuer betreffen. Und eine neue Wirtschaftskrise ist zumindest nicht ausgeschlossen.
6. Macht die Anhebung den Inflationsverlust wett?
Bei der Familienbeihilfe: nein. Diese wurde zuletzt 2000 erhöht. Seitdem liegt der Inflationsverlust laut Statistik Austria bei fast 31Prozent. Die Erhöhung der Beihilfe beträgt aber nicht mehr als zehn Prozent. Bei dem Mehrkindzuschlag: ab drei Kindern, ja. Dann liegt die Erhöhung bei 57 Prozent, ab vier Kindern sogar bei 145 Prozent.
7. Warum hat die Einigung so lange gedauert?
Die ÖVP wollte verstärkt Familien mit mehreren Kindern fördern – und das vorwiegend durch Steuerabsetzbeträge sowie Geldleistungen. Die SPÖ setzte hingegen auf den Ausbau der Kinderbetreuung. Jetzt, wo sie sich geeinigt haben, bleibt – Zufall oder nicht – keine Zeit mehr für die Umsetzung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2013)