Wenn Grüne zu weit gehen

Der Partei würde ein kritischer Geist wie er eigentlich nicht schaden. Dönmez tut es aber.

Da soll noch einer behaupten, Bundesräte würden nie in Erscheinung treten. Der Grüne Efgani Dönmez sorgt mit seiner Forderung, in Österreich lebende Anhänger des türkischen Premiers Erdoğan in die Türkei zurückzuschicken, für gewaltige Schlagzeilen. Und muss sogar fürchten, aus der Partei ausgeschlossen zu werden. Zu Recht?

Der gebürtige Türke Dönmez betont, dass man ein islamisch-konservatives Gesellschaftsmodell in Österreich nicht salonfähig machen dürfe. Und dass man die kritische Auseinandersetzung damit nicht nur rechten Gruppen überlassen soll. Da hat er recht. Es wäre ein großer Fehler, das Thema Zuwanderung zu tabuisieren und nur der FPÖ und ihren populistischen Parolen zu überlassen. Und gerade den Grünen, denen Integration zweifelsohne ein großes Anliegen ist, die aber das Thema Migration gern auch etwas blauäugig angehen, schadet ein Dönmez in der Partei grundsätzlich nicht.

Diesmal aber irrt Dönmez. Denn das Recht auf freie Meinungsäußerung ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Man kann die Migrationspolitik kritisch hinterfragen. Aber wer in Österreich lebt, hat auch alle Menschenrechte. Und wenn Dönmez Menschen in Österreich Ungemach für Demos androht, begeht er einen ähnlichen Denkfehler wie die türkische Regierung, gegen die Dönmez ja auftritt. Am Montag tagen die Grünen. Zeit genug für Dönmez, seinen Fehler zu erkennen. Auch in seinem Interesse, damit berechtigte Kritik an Erdoğan nicht in der Aufregung untergeht.

philipp.aichinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2013)

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