Grüne stellen Dönmez Ultimatum

Gruene  Doenmez Ultimatum
Gruene Doenmez Ultimatum(c) Michaela Bruckberger
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Die Grünen drohen dem oberösterreichischen Bundesrat mit Konsequenzen, wenn er sich nicht entschuldigt.

Wien. Vielleicht hat er es immer schon geahnt, vielleicht hat er es auch darauf angelegt, als er im April 2008 als grüner Bundesrat angelobt wurde. Er werde, sagte Efgani Dönmez damals beinahe hellseherisch, „sicher einige Watschen“ einfangen, weil er eben keine Scheu habe, die Wahrheit anzusprechen.

Es sollte nicht lange dauern. Aber dieses Mal ist es mehr als eine Ohrfeige, dieses Mal ist Dönmez für seine Parteifreunde zu weit gegangen. Die Landessprecherin der oberösterreichischen Grünen, Maria Buchmayr, stellte ihm am Dienstag im ORF-Radio ein Ultimatum: Wenn er sich öffentlich nicht wieder zu grünen Grundwerten bekenne, seine Aussagen zurücknehme, könnten die Konsequenzen bis zum Parteiausschluss reichen.

Dönmez, geboren in der Türkei, aufgewachsen im oberösterreichischen Gmunden, hat sich am Montag in einem Interview mit der Gratiszeitung „Heute“ dafür ausgesprochen, jene türkischstämmigen Österreicher, die am Sonntag an einer Solidaritätskundgebung für den umstrittenen türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan teilgenommen hatten, abzuschieben. „Schickt alle 5000 mit einem One-Way-Ticket in die Türkei zurück“, sagte der 36-Jährige.

Die Grünen, die sich nach einer Siegesserie in den Ländern auch bundespolitisch im Aufwind wähnen (am 29. September wird der Nationalrat neu gewählt), brachte er damit in Erklärungsnot. Denn die politische Konkurrenz übertraf sich sogleich in hämischen Repliken. Dass die Freiheitlichen Dönmez' „lupenreine demokratische Grundhaltung“ würdigten und ihm sogar politisches Asyl anboten, kam einer Höchststrafe für die betont FPÖ-kritischen Grünen gleich.

Glawischnig schweigt – vorerst

Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner war um Schadensbegrenzung bemüht, indem er die Aussagen seines oberösterreichischen Kollegen „auf das Schärfste“ zurückwies: Man könne als Partei nicht einerseits die Politik Erdoğans kritisieren, der friedliche Andersdenkende gewaltsam bekämpfen ließe, und andererseits „Zwangsmaßnahmen für hier lebende Andersdenkende fordern“, ärgerte sich Wallner.

Über mögliche Konsequenzen für Dönmez wollte sich die Bundesspitze vorerst nicht äußern. Inhaltlich, hieß es am Dienstag aus dem Büro von Parteichefin Eva Glawischnig nur knapp, hätte Wallner alles gesagt, der Rest sei Sache der oberösterreichischen Grünen, die kommenden Montag über die Causa Dönmez beraten werden.

Doch die Lage scheint ernst zu sein, zumal der medienbewusste Abgeordnete seine Partei schon des Öfteren provoziert hat. Kurz nach seinem Amtsantritt als Bundesrat forderte er, dass kriminelle Asylwerber schneller abgeschoben werden. Ein anderes Mal echauffierte sich Dönmez, laut eigenen Angaben ein „frei denkender Alevit“, über „Kameltreiber aus Anatolien“, die sich in Gebetshäusern als Imame aufspielten. Schlecht kam auch eine Äußerung zur angeblichen Bevorzugung von Frauen in der grünen Partei an. „Brüste zu haben“, sagte Dönmez, „reicht als Qualifikation nicht aus.“

Bisher hat die Parteispitze allerdings über vieles hinweggesehen oder unpassende Äußerungen mit einer Neigung zur Vereinfachung quittiert. Immerhin galt Dönmez einst als Parade-Grüner: ein Kind türkischer Gastarbeiter, das den gesellschaftlichen Aufstieg dank Bildung geschafft, zunächst Installateur gelernt und nach der Studienberechtigungsprüfung Sozialarbeit studiert hat und schließlich zu Österreichs erstem türkischstämmigen Parlamentarier geworden ist.

Dönmez verteidigt seine Position

Dieser Bonus scheint nun aufgebraucht. Dönmez war am Dienstag für die „Presse“ nicht erreichbar – am Abend zuvor hatte er in der ZiB24 eine gewisse Zuspitzung eingestanden, seine Position aber verteidigt: „Alle, die unseren demokratischen Grundwerten zuwiderlaufen und hier eine islamische Lebensform einführen wollen, die sollen das in ihrem Herkunftsland machen.“ Übrigens: Der streitbare Dönmez hat auch einen interessanten Universitätslehrgang absolviert – für Konfliktmanagement und Mediation. Ausgerechnet.

Auf einen Blick

Efgani Dönmez ist seit 2008 grüner Bundesrat, er war der erste türkischstämmige Abgeordnete im österreichischen Parlament. Nach seiner Forderung, die Anhänger des türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan abzuschieben, droht dem 36-Jährigen der Parteiausschluss. Die Entscheidung fällt am Montag in einer Vorstandssitzung der oberösterreichischen Grünen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2013)

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