Kabul boykottiert Friedensgespräche mit Taliban

(c) EPA
  • Drucken

Der afghanische Präsident setzt auch die Verhandlungen mit den USA aus. Zudem überschatten Anschläge die Friedensbemühungen.

Kurz herrschte Tauwetter am Hindukusch: Am Dienstag hatten die radikalislamischen Taliban ein Verbindungsbüro in Katar eröffnet und nach zwölf Jahren von Krieg und Terror erklärt, mit den USA in direkte Verhandlungen treten zu wollen. Auch Washington hatte Gesprächsbereitschaft bekundet. Zugleich übergab die Nato die Sicherheitsverantwortung für Afghanistan zur Gänze an die einheimischen Kräfte. 

Doch die Hoffnungen auf Frieden erhielten am Mittwoch einen massiven Dämpfer: Angesichts des Gesprächsangebots der USA an die Taliban setzte die afghanische Regierung Verhandlungen über die weitere militärische Zusammenarbeit mit Washington nach dem vollständigen Truppenabzug Ende 2014 überraschend aus. Es gebe "hinsichtlich der Friedensverhandlungen für Afghanistan einen Widerspruch zwischen dem, was die US-Regierung sagt, und dem, was sie macht", sagte ein Sprecher von Präsident Hamid Karzai. Daher habe Karsai "die Gespräche mit den USA heute Morgen ausgesetzt". Details nannte er nicht. Die Friedensgespräche in Doha will man boykottieren.

"Es gibt jetzt keinen Waffenstillstand"

Überschattet wurden die Bemühungen um eine Friedenslösung in Afghanistan von einem Angriff auf den Luftwaffenstützpunkt Bagram in der Nähe von Kabul am späten Dienstag, bei dem vier US-Soldaten getötet wurden. Zu dem Anschlag bekannten sich am Mittwoch die Taliban. Am Mittwoch erschoss zudem ein Taliban in Polizeiuniform fünf Polizisten in der südafghanischen Provinz Helmand.

Ein Vertreter des Taliban-Verbindungsbüro in Doha betonte, dass die radikalislamische Bewegung weiterhin auf Gewalt setze. "Das Islamische Emirat Afghanistans verfolgt politische und militärische Optionen", sagte Mohammed Sohail Shaheen am Mittwoch dem Al Jazeera. "Es gibt jetzt keinen Waffenstillstand. Sie greifen uns an und wir greifen sie an. Die Angriffe werden parallel zu den Friedensgesprächen weitergehen."

(APA/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Muhammad Naeem, a spokesman for the Office of the Taliban of Afghanistan speaks during the opening of the Taliban Afghanistan Political Office in Doha
Außenpolitik

Afghanistan: US-Gespräche mit Taliban verschoben

Die überraschend angekündigten Verhandlungen hätten eigentlich heute beginnen sollen. Offenbar gibt es aber einen Streit, ob das Taliban-Büro in Katar als eine Art diplomatische Vertretung behandelt wird.
Iran Afghanistan
Außenpolitik

„Iran will US-Präsenz in Afghanistan loswerden“

Der Taliban-Kenner Ahmad Waheed Mozhdah über geheime Kontakte der sunnitischen Extremisten zum Iran.
Karzai brueskiert
Außenpolitik

Karzai brüskiert USA

Weil die USA ab heute mit den Taliban verhandeln, bricht Kabul Gespräche mit Washington ab. Alle bisherigen Avancen Karzais haben die Extremisten aber zurückgewiesen.
In einer Zeremonie haben Nato-Soldaten den afghanischen Streitkräften am Dienstag die Sicherheitsverantwortung für das Land übergeben. Nun sollen Friedensverhandlungen mit den Taliban folgen.
Außenpolitik

Afghanistan: USA bieten Taliban Frieden

Nach zwölf Jahren Krieg wollen die USA erstmals direkt mit den Radikalislamisten über ein Ende der Kämpfe verhandeln. Afghanistans Regierung reagiert verärgert und brüskiert Washington.
Leitartikel

Das absurde Ende eines gescheiterten Krieges

Zwölf Jahre nach Beginn der Militärintervention in Afghanistan ist von den hehren Zielen des Westens nichts übrig. Für die Taliban ist der Weg frei zurück zur Macht.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.