„Millionäre“ sind Dauergäste beim Gewerkschaftskongress

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bdquoMillionaereldquo sind Dauergaeste beim(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Auf Ministerebene erlebt der Konflikt um Vermögensteuern eine Fortsetzung: Wirtschaftsminister Mitterlehner rät zu Investitionen in Unternehmensgründungen, statt Geld offshore zu bunkern.

Wien/Ett. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) gerät öffentlich nur selten mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), seinem Verhandlungsgegenüber in der Bundesregierung, aneinander. Beim ÖGB-Bundeskongress am Mittwoch war das allerdings der Fall – freilich in amikaler Form. Der Anlass waren einmal mehr die Forderungen von SPÖ und ÖGB zur Einführung einer „Millionärssteuer“ auf Vermögen, die heute, Donnerstag, zum Abschluss der ÖGB-Tagung mittels Leitantrag beschlossen werden.

„Es geht hier nicht um eine Neiddebatte“, beteuerte Hundstorfer bei einer lockeren Talkrunde vorn auf der Bühne an der Stirnseite des großen Saals im Wiener Austria Center. Die Frage sei vielmehr, ob jene mit hohen Vermögen tatsächlich Steuern wie Lohnsteuerzahler entrichten müssten. Für ihn ist ein Hauptproblem, dass immer häufiger Vermögen abseits der Realwirtschaft angehäuft werden: „Die Frage ist, warum man, wenn man Papiere hin- und herschickt, Millionär werden kann.“

Der gleich daneben auf dem Podium stehende Wirtschaftsminister warnte die ÖGB-Delegierten ganz unverblümt: „Ich weiß nicht, ob ihr die richtigen Fragen stellt.“ So offen darf offenbar nur ein ehemaliger Sozialpartner und Ex-Wirtschaftskammersekretär reden, ohne dass es breite Unmutsbekundungen von Gewerkschaftern gibt.

ÖVP-Ministerlob für den ÖGB

Vielleicht lag es allerdings auch daran, dass den Delegierten gerade die Nachrichten über den Verlust tausender Arbeitsplätze beim Bauunternehmen Alpine schwer im Magen lagen. Denn Mitterlehners außergewöhnliches Bekenntnis, dass der Gewerkschaftsbund „absolut notwendig“ und ein „Garant für eine stabile und gute Entwicklung“ sei, gab dieser erst später bei der Gesprächsrunde ab.

Genau beim wunden Punkt Arbeitslosigkeit hakte er jedenfalls nach. Entscheidend in Europa seien nämlich die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und wie Unternehmen bei der Sicherung von Arbeitsplätzen „über die Runden kommen“, analysierte der ÖVP-Ressortchef trocken. Der „größte Erfolg“ sei, dass Österreich nach der Finanz- und Wirtschaftskrise die Zahl der Beschäftigten erhöhen konnte. „Millionären“ empfahl der Wirtschaftsminister lieber scherzhaft, bevor jemand mit seinem Geld „offshore geht“, solle er hier in Start-ups investieren.

Es gehe zwar um Arbeitsplätze, aber auch um Gerechtigkeit, hielt prompt Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) dagegen: „Ich bin schon dafür, dass es eine Millionärssteuer gibt.“ Es war nicht die einzige Differenz bei diesem sonst harmonischen Auftritt der SPÖ-Politikerin mit dem ÖVP-Minister. Sie rieb ihm auch unter die Nase, dass der Papamonat, den es im öffentlichen Dienst schon gibt, im Regierungsprogramm für die Privatwirtschaft vorgesehen sei.

Lehrer: Widerstand in der SPÖ

Ihr Bekenntnis für ein neues Lehrerdienstrecht vor der Wahl wurde jedoch selbst von führenden SPÖ-Gewerkschaftern nicht geteilt. Peter Korecky, Vizechef der Beamtengewerkschaft, lehnte im ORF-Radio eine „Hudriwudri-Pfuschaktion“ ab: „Das geht nicht mehr, das kann sich nicht ausgehen.“ Vorstellbar ist für eine Punktation die Zeit nach der Nationalratswahl.

Auf einen Blick

Heute endet der ÖGB-Kongress mit dem Beschluss zur Einführung einer „Millionärssteuer“ auf Vermögen. Zuvor hat sich der Konflikt um dieses Thema fortgesetzt. Wirtschaftsminister Mitterlehner rät zu Investitionen in Unternehmensgründungen, statt Geld offshore zu bunkern. Laut Sozialminister Hundstorfer handelt es sich um eine Neiddebatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2013)

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