Kürzere Arbeitszeit für Eisenbahner

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Statt einer Gehaltserhöhung von 3,5 Prozent arbeiten ÖBB-Beschäftigte ab 1.Juli statt 40 nur mehr 38,5 Stunden pro Woche. Der Konzern spart rund 20 Millionen Euro.

Wien. Die Gewerkschaft Vida spricht von einem „Meilenstein in puncto Verbesserung der Arbeitsbedingungen“, die ÖBB-Konzernführung nennt es Kostenersparnis und Effizienzsteigerung. Die Rede ist von der Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 38,5 Wochenstunden, die in der Nacht auf Donnerstag für die 32.000 Beschäftigten im Arbeitszeit-Kollektivvertrag (AZ-KV) der ÖBB fixiert worden ist und ab 1.Juli gilt. Es betrifft also das Gros der in Summe 39.800 Eisenbahner.

Vor einem Jahr hat sich ÖBB-Boss Christian Kern mit den Betriebsräten und der Gewerkschaft auf einen zweistufigen Gehaltsplan geeinigt: Ab 1.Juni2012 gab es für ein Jahr eine Gehaltserhöhung um 2,4 Prozent. Statt einer weiteren Erhöhung von 3,5 Prozent ab 1.Juli 2013 wurde eine Arbeitszeitverkürzung paktiert. Was für die Arbeitnehmer indirekt einer Gehaltserhöhung gleichkommt, ist für die ÖBB viel billiger. „Die ÖBB sparen sich damit rund 20 Mio. Euro“, sagt Konzernsprecher Michael Braun zur „Presse“.

Die Verankerung des neuen Modells im Kollektivvertrag dauerte allerdings rund ein Jahr, obwohl Gewerkschaft und Management in einem seltenen Schulterschluss an einem Strang zogen. Der Fachverband der Schienenbahnen in der Wirtschaftskammer hatte sich lange quergelegt. Was wiederum die Gewerkschaft veranlasste, Kampfmaßnahmen anzudrohen. Mit der Unterschrift der Sozialpartner ist die Einigung nun fixiert worden.

Dass es aus Rationalisierungsgründen zu einer weiteren Verkürzung der Arbeitszeit kommt, schließt Braun aus heutiger Sicht aus. Die neue Regelung im KV gilt vorerst für drei Jahre. Dann erfolgt eine Evaluierung, je nach Ergebnis kann eine Anpassung erfolgen. Außerdem wurde der Arbeitnehmerseite einseitig die Möglichkeit eingeräumt, die entsprechenden Punkte im KV aufzukündigen.

Die anderen Mitgliedsunternehmen im Fachverband – von privaten Bahngesellschaften bis zum Waggonverleih – unterliegen zwar nicht der ÖBB-Regelung. Sie können aber mittels Betriebsvereinbarung die Arbeitszeitverkürzung anwenden.

36-Stunden-Woche Realität

Die Gewerkschaft Vida verbucht zudem als Erfolg, dass Nachtarbeitsstunden mit einem Zeitfaktor aufgewertet werden können. „Die so gewonnenen Zeitguthaben können durch die Teilnahme an gesundheitsfördernden Maßnahmen konsumiert werden“, erklärt Roman Hebenstreit, der Vorsitzende der Sektion Verkehr in der Vida.

In weit mehr als der Hälfte der 350 Branchen, für die der ÖGB Kollektivverträge aushandelt, wird nur mehr zwischen 36 und 38,5Wochenstunden gearbeitet, heißt es bei der Vida auf „Presse“-Anfrage. Bei den Privatangestellten trifft das auf 100 der 140 KV zu. Aber auch im produzierenden Gewerbe und der Metallverarbeitung sowie im Handel werde im Schnitt nur 38,8 Stunden pro Woche gearbeitet. Hingegen gilt im Verkehr und in Dienstleistungsbranchen durchwegs die 40-Stunden-Woche. Für die Gewerkschaft ist eine Verkürzung der Arbeitszeit vor allem dort, wo Schichtbetrieb herrscht, aus gesundheitlichen und Produktivitätsgründen sinnvoll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2013)

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