Die Zinsen für kurzfristige Kredite schossen bis auf 25 Prozent nach oben. Die Zentralbank hat die bislang üppige Liquiditätsversorgung eingeschränkt.
Rekordhohe Zinsen für Notkredite, Gerüchte um klamme Großbanken und Panik an den Märkten: In China wächst die Furcht vor einer Finanzkrise. Die Zinsen für kurzfristige Darlehen schossen am Freitag zeitweise auf satte 25 Prozent in die Höhe. Ausgelöst wurde dies von der Weigerung der Zentralbank, den Markt mit Geld zu fluten. Die Banken versuchten deshalb, sich bei anderen Geldhäusern einzudecken.
Die starke Nachfrage trieb die Zinsen nach oben. Diese fielen dann aber wieder unter die Marke von zehn Prozent, nachdem Gerüchte über Geldspritzen der Zentralbank die Runde machten. Allerdings mussten vor allem kleinere Geldhäuser deutlich höhere Zinsen zahlen. Der Preis für kurzfristig geliehenen Geld pendelte sich schließlich bei 8,39 Prozent ein. Das ist aber immer noch mehr als doppelt so hoch wie normal.
Gerüchte über Notkredit für ICBC
Für Panik sorgten zeitweise Gerüchte, wonach zwei der weltgrößten Finanzinstitute auf Notkredite der Zentralbank angewiesen sein sollen. Die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) - die nach Vermögenswerten größte Bank der Welt - sah sich ebenso zu einem Dementi gezwungen wie die Bank of China, der viertgrößte Kreditgeber in der Volksrepublik.
Anders als während der Kreditklemme in den westlichen Industriestaaten nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 gehen die Turbulenzen aber nicht auf Schwierigkeiten der Geschäftsbanken zurück, sondern auf einen Politikwechsel der Zentralbank. Diese hat den Geldhäusern nach Reuters-Informationen mitgeteilt, dass sie sich nicht auf eine üppige Liquiditätsversorgung verlassen sollten. Sie wurden zudem aufgefordert, ihr Liquiditätsmanagement zu verbessern, sagten vier mit internen Beratungen vertraute Personen.
"Dies ist ein Signal der Zentralbank, dass sie Marktdisziplin am Bankenmarkt durchsetzen will", sagte Analyst Michael Werner von Bernstein Research in Hongkong. "Chinas Kredite liegen bei 200 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, weshalb die Zentralbank wohl in Absprache mit der Regierung bemüht ist, eine Entschuldung und Neuausrichtung einzuleiten und die Wirtschaft auf einen dauerhafteren Wachstumspfad bringen will", schrieben die Barclays-Experten Yiping Huang und Igor Arsenin in einer Studie. Der Liquiditätsengpass sei als regulative Maßnahme politisch gewollt, vermutete die australische Bank Westpac.
Zentralbank macht Druck
Nach Ansicht von Händlern ist Chinas Zentralbank entschlossen, die Banken zu zwingen, ihre Schuldenlast selbst zu reduzieren. Außerdem sollen Banken gedrängt werden, den exzessiven Verkauf von Anlageprodukten im Vermögensmanagement einzuschränken. Dabei geht es vor allem um den Verkauf gebündelter Vermögenswerte wie Kreditforderungen, die den Kunden hohe Erträge versprechen.
Daneben hat China Zehntausende Kreditanbieter, die der Wirtschaft und der öffentlichen Hand in zunehmendem Maße Darlehen anbieten - ein Kreditsystem außerhalb des regulierten Bankensektors. Dies schaffe zusätzliche Risiken, warnte erst kürzlich die Rating-Agentur Fitch. "Jetzt versuchen sie mit einem neuen Ansatz, das System der Schattenbanken zu zügeln", so Fitch-Expertin Charlene Chu. "Dieser neue Ansatz ist effektiver, überrascht aber auch den Markt."
(APA/Reuters)