ÖGB droht Steuernachzahlung von 30 Millionen Euro

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Ein neuer Steuerbescheid wegen der Schenkung von Bawag-Aktien an eine Stiftung steht bevor. Die Gewerkschaft kämpft dagegen an.

WIEN. Beim Bundeskongress diese Woche im Wiener Austria Center waren sich die Delegierten des ÖGB einig: Die Wiedereinführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer sei ein Gebot der Stunde. Selbst freilich bezahlt der ÖGB diese Steuer nicht ganz so gern: Laut eines Bescheids aus dem Jahr 2011 soll die Gewerkschaft 30 Millionen Euro Steuer bezahlen, weil sie ihr Vermögen einer Stiftung schenkte. Die Gewerkschaft bekämpfte den Bescheid. Nach Informationen der „Presse" dürfte eine neuerliche Entscheidung über die Steuernachzahlung in den kommenden Wochen bevorstehen.

Die für die ÖGB teure Angelegenheit reicht mehr als zehn Jahre zurück. Im Jahr 2002 gab es eine Änderung des Vereinsrechts, die besagte, dass Vermögen von Vereinen offenzulegen sind. Das wollte die Gewerkschaft nicht, unter anderem wohl auch deshalb, weil niemand wissen sollte, wie hoch der legendenumwobene Streikfonds des ÖGB dotiert ist.

Also gründete man eine Stiftung, die „Österreichische Gewerkschaftliche Solidarität Privatstiftung" (ÖGSP) und brachte in diese Stiftung alle Aktien der Bawag ein, die der ÖGB damals hielt. Was diese Bankaktien wert sind, beurteilte die Gewerkschaft nicht. Eine spätere Prüfung durch die Finanz ergab eine Summe von immerhin etwa 750 Millionen Euro.

Verein oder Körperschaft?

Die Aktien ruhten wohlbehütet in der ÖGSP, warfen Dividenden ab und alles war gut, bis die Finanz im Jahr 2005 nach einer Anzeige zu prüfen begann. Und die Prüfung ergab, dass die Gewerkschaft für den Deal steuerpflichtig ist.

Zwar gesteht man dem ÖGB den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts zu - aber nur in Bezug auf die Umsatz- und Körperschaftssteuer. In Bezug auf Schenkungen, die für solche Körperschaften steuerfrei sind, ist der Gewerkschaftsbund ein Verein - und deshalb ist auch eine Schenkungssteuer (die es damals noch gab) fällig. Und zwar in Höhe von fünf Prozent der Schenkung. Nach Abzug diverser finanzrechtlicher Freibeträge ergab das eine Summe von etwa 30 Millionen Euro.

Ein entsprechender Bescheid des Finanzamtes wurde der Stiftung im Juli 2011 zugestellt. Die ÖGSP berief gegen die Entscheidung, das Verfahren zog sich und landete vor wenigen Wochen beim Unabhängigen Finanzsenat. Der stellte fest, dass es zu einer Neubewertung der Aktien kommen müsse, die damals in die Stiftung eingebracht wurden. Das macht derzeit das zuständige Finanzamt in Wien, das in wenigen Wochen einen neuen Steuerbescheid erlassen wird. Dass er wesentlich von den 30 Millionen Euro abweicht, bezweifeln Experten.

„Kein Kommentar"

Die Steuerangelegenheit ist sichtlich heikel. Im Finanzministerium wollte niemand etwas zu der Causa sagen. Man kommentiere laufende Verfahren nicht, hieß es. Wortident reagierte der Gewerkschaftsbund: Zu laufenden Verfahren gebe man keine Kommentare ab. Aus dem ÖGB hieß es immerhin, dass man noch „keinen rechtsgültigen Bescheid" über die Bezahlung einer Schenkungssteuer in Händen halte.

Der ÖGB baut seine Argumentation darauf auf, dass er eben eine Körperschaft öffentlichen Rechts ist und deshalb nicht verpflichtet sei, eine Schenkungssteuer zu bezahlen. Um diesen Status sicherzustellen, hat der ÖGB angeblich im Jahr 2002 sogar recht trickreich einen steuerrechtlichen Versuchsballon gestartet.
Nach nicht bestätigten Informationen soll der Gewerkschaftsbund nach Gründung der ÖGSP etwas weniger als 100.000 Euro in die Stiftung eingebracht und sich auf die Steuerbefreiung berufen haben, die einer Körperschaft öffentlichen Rechts zugutekomme.

Tatsächlich soll die Finanz damals zunächst eine Schenkungssteuer vorgeschrieben, nach einem Einspruch des ÖGB aber darauf verzichtet haben. Warum? Angeblich, weil sich die Finanz damals wegen einer Steuerabgabe in Höhe von nur wenigen tausend Euro keinen langwierigen Rechtsstreit mit der Gewerkschaft liefern wollte.

Erst als der ÖGB amtlich keine Steuern bezahlen musste, verschob er das riesige Bawag-Aktienpaket im Wert von 750 Mio. Euro in die Stiftung.

Auf einen Blick

Im Jahr 2002 gründete der ÖGB die „Österreichische Gewerkschaftliche Solidarität Privatstiftung“ und verschob alle Bawag-Aktien in diese Stiftung. Der Wert: etwa 750 Millionen Euro. Laut Finanz ist dafür eine Schenkungssteuer fällig, die sich auf etwa 30 Millionen Euro beläuft. Seit Jahren wird über den Steuerbescheid gestritten, jetzt dürfte eine Entscheidung bevorstehen.

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