Mit dem Brotpreis wird auch Wasser teurer

WASSERSPEICHER ROSENHUEGEL
WASSERSPEICHER ROSENHUEGELAPA/GEORG HOCHMUTH
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Wiener müssen künftig um 4,4 Prozent mehr für Wasser, Kanal und Müll zahlen. Warum? Weil die Preise für Lebensmittel, Freizeit und Kultur ebenfalls stiegen. So verlangt es das sogenannte Valorisierungsgesetz.

Wien/Awe. Während ein Teil der Wiener am Freitag schon auf dem Weg zum Donauinselfest war, schickte Finanzstadträtin Renate Brauner ihre höchste Beamtin zur Austria Presse Agentur. Die unerfreuliche Nachricht lautete: Mit 1. Jänner 2014 werden die Gebühren für Wasser, Kanal und Müll steigen. Derzeit rechnet man mit 4,4 Prozent. Das entspräche jährlichen Mehrkosten in der Höhe von 22 Euro pro Haushalt.

Zuletzt verteuerte sich Wasser am 1. Jänner 2011 um 33 Prozent, die Kosten für Müllentsorgung und Abwasser stiegen um sechs Prozent. Dass sich die Oppositionsparteien am Freitag lautstark über das Vorhaben empörten, war vorhersehbar. Ebenso die Reaktion der Stadtregierung. Die nämlich berief sich einmal mehr auf das 2007 unter SPÖ-Alleinregierung erlassene Valorisierungsgesetz. Es schreibt vor, dass die Preissteigerung alle sechs Monate überprüft wird. Überschreitet die Inflation die Grenze von drei Prozent seit der letzten Gebührenerhöhung, steigen die Abgaben automatisch. Es sei denn, die Stadtregierung legt ein Veto ein.

Als Maßstab dient Wien der Verbraucherpreisindex. Seit 2011 stieg er um 4,1 Prozent (Stichtag: 31. Mai). Bis Ende des Monats dürften sich also die angekündigten 4,4 Prozent ausgehen.

Wohin gehen die Überschüsse?

Die Methodik kann auch hinterfragt werden. Der Verbraucherpreis orientiert sich an Gütern des täglichen Bedarfs. Daraus erstellt die Statistik Austria einen Warenkorb, in dem alle Ausgaben unterschiedlich gewichtet sind. Enthalten sind Produkte zur Körperpflege genauso wie TV-Geräte, Wohnungskosten und Lebensmittel. Ausgaben also, die für eine öffentliche Einrichtung – beispielsweise die Müllabfuhr – nur geringe Bedeutung haben. Gleichzeitig sind die Kosten für Wasser, Müll und Kanal selbst Bestandteil des VPI-Warenkorbs. Was streng genommen bedeutet, dass eine Erhöhung automatisch zur Indexsteigerung und damit zur nächsten Preissteigerung führt.

Derzeit tragen laut Statistik Austria vor allem Lebensmittelpreise sowie Ausgaben für Freizeit und Kultur stark zur Inflation bei. Steigert das auch die Kosten bei den Wiener Wasserwerken? „Es ist richtig, dass im VPI Güter enthalten sind, die auf Einrichtungen der Gemeinde keinen Einfluss haben“, sagt Ulrike Huemer, Chefin der MA6 (Rechnungs- und Abgabenwesen). Dennoch sei dieser Index für die Stadt der „objektivste verfügbare Maßstab“. Und: Andere Indizes, wie etwa jener für die Baukosten, stiegen seit Jänner 2011 noch stärker, nämlich um fünf Prozent.

Widersprüchlich sind im Rathaus Aussagen zur Verwendung von Überschüssen aus Gebühreneinnahmen. So werfen die Bereiche Müll, Wasser fünf Prozent „Umsatzrendite“ ab. Laut Huemer darf das Geld nicht zum Stopfen anderer Budgetlöcher verwendet werden und muss im Ressort bleiben.

Bald wieder Parkscheine teurer

Anders sieht das die Politik. Bezeichneten die Grünen das Valorisierungsgesetz 2007 als „Sozialverrat“ (Zitat: heutige Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou), argumentiert Abgeordneter Martin Margulies jetzt, dass angesichts negativer Budgets auch weiterhin Dienstleistungen wie der Gratiskindergarten finanziert werden müssten.

Übrigens: Geht es nach dem Gesetz, steht bald eine weitere Gebührenerhöhung an. Seit der Anhebung der Parkscheinkosten stieg der VPI-Index um 2,6 Prozent.

Gebührenerhöhung
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2013)

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