Der ÖGB kämpft vehement für mehr Steuern – außer bei sich selbst.
Die Vergangenheit lässt sich nicht einfach abschütteln. Der gerade eben als ÖGB-Präsident wiedergewählte Erich Foglar muss sich immer noch mit finanziellen Folgen aus der Ära seines Vorvorgängers Fritz Verzetnitsch herumschlagen. Das freut Foglar unter Garantie weit weniger als die Zustimmung von 93,5 Prozent der Delegierten.
Die Causa um eine mögliche Steuernachzahlung in Millionenhöhe ist besonders im Licht der Diskussionen der vergangenen Tage für die Gewerkschaft unangenehm und peinlich. Da wird mobilgemacht für Steuern auf Erbschaften und Schenkungen, vor allem auf die bösen Geldsäcke, denen hohe Hinterlassenschaften mit Nichtstun anheimfallen.
Dabei hat derselbe Gewerkschaftsbund vor Jahren einen Teil seines gar nicht so kleinen Vermögens in einer Stiftung geparkt. Dafür wurde ein Weg gewählt, bei dem der Staat und damit alle Österreicher bei der Schenkungssteuer durch die Finger schauen sollten. Blöd nur, dass die Finanz dabei nicht mit den Händen im Schoß zuschauen will und dem ÖGB einen Steuerbescheid zugestellt hat.
Was Foglar und die Gewerkschaft neben einer etwaigen saftigen Nachzahlung besonders wehtun wird, ist der Umstand, dass damit eine Doppelmoral entlarvt wird. Wenn es um sein Vermögen geht, wehrt sich der Gewerkschaftsbund mit Händen und Füßen gegen den Steuerzugriff der Finanz. Doppelbödig wurde auch bei den ÖGB-Zusatzpensionen agiert. Da stand der ÖGB als finanziell angeschlagener Arbeitgeber manch anderer Firma um nichts nach, als Betroffene Einbußen hinnehmen mussten.
Jetzt also die Schenkungssteuer. Glück auf! So demontieren sich gewerkschaftliche Steuermoralapostel selbst.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.06.2013)