Chinas Zentralbank bestreitet Kreditklemme

An investor stands in front of an electronic board showing stock information at a brokerage house in Huaibei
An investor stands in front of an electronic board showing stock information at a brokerage house in HuaibeiREUTERS
  • Drucken

Die Notenbank stellte klar, dass die Finanzbranche nicht auf ihre Hilfe hoffen kann. Die Börsen erlebten am Montag den größten Einbruch seit vier Jahren.

Chinas Aktienmärkte haben den schwersten Absturz seit fast vier Jahren erlebt. Ursache ist die Weigerung der Zentralbank, neues Geld in den Markt zu pumpen. Die Notenbanker wiesen die Sorgen über eine Kreditklemme zurück und betonten vielmehr, die Liquidität sei auf einem "vernünftigen Niveau". Außerdem rief die Zentralbank die Banken auf, ihre Zahlungsfähigkeit besser zu steuern und auf Kreditrisiken zu achten. Die Verunsicherung ließ den Composite Index an der Börse in Shanghai um 5,3 Prozent auf 1.963 Punkte in den Keller fallen. Es ist der tiefste Stand seit fast sieben Monaten. In Shenzhen ging es sogar um 6,73 Prozent auf 7.588 Punkte nach unten. Die Zentralbank beharrte auf ihrem Kurs, mehr Disziplin in den Finanzmarkt zu bringen, der durch massive Kreditvergabe auch im boomenden Schattenbankensystem große Risiken angesammelt hat.

Die Notenbanker wiesen die Finanzhäuser an, wegen der Fluktuationen, einschließlich der Mitte des Jahres üblichen hohen Geldnachfrage, ihre Liquidität besser zu handhaben. Sie sollten ihre Ausgaben rechtzeitig planen und ausreichend Geldmittel bereithalten. Die Erklärung ist vom 17. Juni datiert, wurde aber erst am Montag auf der Internetseite der Notenbank veröffentlicht.

Explosionsartiger Anstieg der Geldmarktsätze

Der Zeitverzug wurde nicht erklärt, doch wurde die Veröffentlichung am Montag als Zeichen gewertet, dass die Zentralbank ungeachtet der jüngsten Unruhe an ihrer langfristigen Strategie festhalten will. Die Weigerung, weiter Geld in die Märkte zu pumpen, hatte vergangene Woche zu einem explosionsartigen Anstieg der Geldmarktsätze auf Rekordwerte geführt.

Der Handel am Interbankenmarkt war am vergangenen Donnerstag praktisch zum Stillstand gekommen. Die Geldmarktrate war kurzfristig auf 25 Prozent gestiegen, lag am Montag mit mehr als sechs Prozent weiter auf hohem Niveau. Mit der Veröffentlichung des eine Woche alten Kommentars wolle die Notenbank deutlichen machen, dass sie nicht mehr Liquidität in den Markt stecken wolle, sagte Li Miaoxian von Bocom International Holdings in Peking.

Die Instabilität des Finanzmarktes weckt neue Sorgen über den Zustand der zweitgrößten Volkswirtschaft. Die Hinweise auf eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums in China mehren sich. So reduzierte die Investmentbank Goldman Sachs ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 7,4 Prozent. Bisher war noch von 7,8 Prozent ausgegangen worden. Goldman begründete die Prognosesenkung mit den verschlechterten Finanzierungsbedingungen.

"Panik scheint nachzulassen"

Nach einer Sitzung ihres zuständigen Ausschusses bekräftigte die Zentralbank ferner, weiter eine vorsichtige Geldpolitik verfolgen und zur angemessenen Zeit Feineinstellungen vornehmen zu wollen. Die Steuerung der Liquidität solle verbessert und stabiles, gemäßigtes Kreditwachstum auf dem regulären und grauen Franzmarkt gesichert werden. Wirtschaft und Finanzmarkt entwickelten sich "insgesamt stabil", stellte die Notenbank fest.

"Die Panik vor Liquiditätsengpässen scheint nachzulassen", sagte ein Händler. Die Banken würden sich wieder Geld leihen, es scheine aber keine frischen Mittel der Zentralbank zu geben. Die Geldmarktzinsen gaben spürbar nach. Sie liegen aber immer noch bei 6,7 Prozent, vergangene Woche waren es noch mehr als 10 Prozent gewesen.

Die Regierung geht Medienberichten zufolge derzeit gegen das Schattenbankensystem vor, das gewaltige Ausmaße erreicht hat, aber kaum kontrolliert ist. Viele Banken umgehen die Regeln zur Kreditvergabe, indem sie stattdessen Investment-Produkte anbieten. Mehrere Beobachter hatten eine "freundliche Missachtung" durch die Regierung in Peking als möglicherweise effektives Vorgehen bezeichnet, um die dunkle Seite des chinesischen Kreditwesens in den Griff zu bekommen.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

China Finanzkrise
International

Löst China die nächste Finanzkrise aus?

Den chinesischen Banken ging vorübergehend das Geld aus. Bevor die Situation eskalierte, schritt am Dienstag die Zentralbank ein und pumpte Milliarden in den Finanzsektor. Doch das ist nur eine kurzfristige Lösung
An investor reads information displayed on an electronic screen at a brokerage house in Shanghai
International

China: Bankomat-Ausfälle schüren Angst vor Bankenkrise

Kreditinstitute begründen die Ausfälle mit technischen Problemen. Doch Kunden befürchten ein gravierenderes Problem im Bankensektor.
Symbolbild
International

Peking lässt Schattenbanken bluten

Die unregulierten Schattenbanken bedrohen das System. Aber die Zentralbank bleibt untätig – und bastelt stattdessen nun auch mit London an einer Allianz gegen den Dollar.
CHINA BANK OF CHINA
International

In China wackeln die Banken

Die chinesische Zentralbank will die Banken zur Disziplin zwingen, weil sie eine Blase befürchtet. Ergebnis: Plötzlich herrscht Unsicherheit im chinesischen Bankensektor.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.