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Aufprall in Grantistan

Ankunft am Flughafen Wien-Schwechat. Wie lange wird das gutgehn?
Ankunft am Flughafen Wien-Schwechat. Wie lange wird das gutgehn?Clemens Fabry
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Da bist du wochenlang in deinem ultrafernen Lieblingsland und kommst gereinigt und tiefenentspannt nach mehr als 24 Stunden Rückflug am Flughafen Schwechat an. Aber wetten, dass sie dir in dieser Gegend sehr rasch wieder Wermut ins Gemüt schütten.

Rückkehr nach vier Wochen Australien. Welch Traumland, mein Herzland, ein Kontinent von den Ausmaßen Europas abzüglich Russlands. Wir fuhren von Perth an der Westküste bis Sydney im Osten. Samt Abstechern dazwischen mehr als 6700 Kilometer. Auf den Überlandstraßen mit dem dünnen Verkehr, von dem ein erheblicher Teil aus superdicken Lkw (Roadtrains) mit teils drei bis vier Anhängern besteht, willst du selten schneller als die erlaubten 110 km/h fahren, man verfällt dabei in der oft über Hunderte Kilometer recht monotonen Landschaft in einen Flow aus Superentspanntheit, den man auf österreichischen Stress-Straßen nicht mehr kennt. Mein viertes Mal dort unten seit den 1990ern. Ein Teil von mir ist immer dort.

Das kann dann schon mal 300 Kilometer so aussehen.
Das kann dann schon mal 300 Kilometer so aussehen.Greber

Endlose Weiten mit grünen Weiden und Feldern, Eukalyptuswäldern, buschigem roten Outback und Wüsten, jetzt im Winter erstaunlich grün nach relativ viel Regen. Von Kleinflugzeugen aus sah das sonst glühende Zentrum rot-grün-gelb-grau gescheckt aus, die kärntengroße Fläche des ungastlichen Lake-Eyre-Salzsees in South Australia blendete grellweiß. In den Australischen Alpen im Südosten des Kontinents fuhren die Leute Ski.

Es ist ein stolzes Land, so freundlich, ehrlich und „straight“ wie bisweilen rau, doch stets gut, die Atmosphäre entspannt, sogar in den brodelnden Großstädten sind die Leute nett und zuvorkommend. Das Licht leuchtet anders, es riecht anders. Jedes Land hat seine eigene Signatur der Sinne und Sinnlichkeit, sein Terroir, seinen Charakter an Emotionen. Australien, ehrlich, hebt die Seele.

Ein kleiner Teil der Großen Australischen Bucht. Die Klippen ziehen sich über Hunderte Kilometer, dahinter Outback-Wüste.
Ein kleiner Teil der Großen Australischen Bucht. Die Klippen ziehen sich über Hunderte Kilometer, dahinter Outback-Wüste.Greber

Nach rund 25 Stunden Rückflug (super flugschambefreit) via Katar dann vor einem Bankomaten am Flughafen Schwechat. Davor steht noch ein Mann, zwei Meter hinter ihm ein leeres, verwaist wirkendes Gepäckwagerl. Als er weggeht, will ich‘s zur Seite rücken, um zu dem Geldbrunnen zu gelangen, da schaut der Typ plötzlich her und faucht: „Heast, weg då, des warat dann meins, waun‘s bitte recht is.“ Ein Blick wie drei Tage Giftregenwetter.

In diesem Airport und seinem Umland war das leider schon oft so, in der Regel nach langen Auslandsaufenthalten und Rückflügen von der Südhalbkugel her: Du kommst kristallklaren Gemütes und irgendwie gereinigt an, aber irgendjemand in Grantistan fährt dir sicher rasch mit dem Hintern ins Gesicht. Im Steine-auf-die Seele-Legen sind sie gut hier.

Nun ja. Wie hat doch der selige Georg Danzer in seinem Lied „Loch amoi“ gesungen:

„I wü kane augfressanan G‘sichter mehr segn,
i wü di gaunzn Wickl nimma hean.
Des zaht mi so owe,
des mocht mi so kraunk.
Vergesst‘s mi doch und hobt‘s mi olle gern.

Reaktionen an: wolfgang.greber@diepresse.com

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