Australien: Gillard stolpert über Erzfeind

Julia Gillard und Kevin Rudd
Julia Gillard und Kevin Rudd(c) EPA (ANDREW MEARES POOL)
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Die australische Regierungschefin Julia Gillard muss ihr Amt an Kevin Rudd abgeben - sie unterlag dem ehemaligen Premier bei einer parteiinternen Kampfabstimmung.

Canberra/Basta/Ag. Kaum ein anderer parteiinterner Machtkampf wurde so heftig in der Öffentlichkeit ausgetragen, kaum ein anderer hat so lang gedauert. Doch nun scheint es in der jahrelangen Schlammschlacht um die Spitze der australischen Arbeiterpartei endgültig einen Sieger zu geben: In einer internen Kampfabstimmung über den Parteivorsitz unterlag Regierungschefin Julia Gillard am Mittwoch ihrem Erzrivalen Kevin Rudd mit 45 zu 57 Stimmen.

Nicht nur musste die 51-Jährige als Parteichefin zurücktreten – ihr Erzfeind Rudd übernahm auch ihren Regierungschefposten. Oder besser: Er holte ihn sich zurück. Denn vor drei Jahren hatte Gillard gegen den damaligen Premier eine Parteirevolte angezettelt und ihn aus dem Amt gedrängt. Als Grund gab Gillard damals Rudds „untragbare“ Umweltpolitik an. Der selbstbewusste Ex-Premier gab aber nicht auf. Immer wieder rief der inzwischen zum Außenminister Degradierte zum Widerstand gegen Gillard auf. Als Rudd aber Gillard in einer parteiinternen Kampfabstimmung 2012 unterlag, feuerte sie ihn. Wie die gestrige Abstimmung bewies, hat Rudd nun doch das letzte Wort.

Die Eskalation des jahrelangen Führungsstreits findet nur wenige Monate vor der für Mitte September vorgesehenen Parlamentswahl statt. Gillards Umfragewerte befinden sich im Keller, die Partei stand noch nie so schlecht da. Durch den Machtwechsel erhofft sich Labor nun, die Verluste bei der Wahl im September zumindest zu reduzieren. Die Konservativen unter Tony Abbott gelten bereits jetzt als sichere Sieger.

Führungsschwache Gillard

Der Juristin wird Führungsschwäche nachgesagt – im Gegensatz zu dem resoluten Rudd. Doch vor allem haben ihr viele Wähler den „Putsch“ gegen den damaligen Premier – und die daraus resultierende Spaltung der Partei – nie verziehen. Die Opposition hatte angesichts der Labour-Selbstzerfleischung leichtes Spiel: Abbott warf Gillard immer wieder vor, dass der Machtstreit „das gesamte Land schwächen“ würde. Doch es war der Oppositionschef, der Gillard ungewollt zu einem ihrer wenigen Momente der Glorie verhalf: In einer flammenden Grundsatzrede machte sie den Rivalen zum „Frauenfeind“ und „Sexisten“ – und erntete dafür wohlwollende Kommentare in den Medien weltweit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2013)

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