FPÖ geht ohne "Buhmann" Graf in die Wahl

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Der Dritte Nationalratspräsident verzichtet nach zahlreichen Affären auf eine Kandidatur bei der Wahl im Herbst.

Wien. Selbst habe er sich nichts vorzuwerfen: Das war der Tenor bei der Pressekonferenz, die der Dritte Nationalratspräsident der FPÖ, Martin Graf, am Donnerstag eilig einberufen hatte. Schuld seien vielmehr: die „rot-grün“ gesteuerten Medien, die „hetzen“ würden; die Justiz, die eine Art Politjustiz sei – und die SPÖ.

Nicht zuletzt wegen der Kanzlerpartei also werde er nicht mehr bei der Wahl am 29. September kandidieren, betonte Graf. Immerhin hätten ihn SPÖ-Freunde wissen lassen, dass Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos eine – unbestätigte – „Dirty Campaign“ gegen ihn plane. Das wolle er sich und seiner Partei auf dem Weg zur „politischen Wende“ nicht zumuten: Denn die FPÖ solle und werde – trotz Tiefs in Umfragen – gut abschneiden. „Viel mehr als die 17 Prozent“ von 2008 seien das Ziel.

Nach 15 Jahren im Parlament, von 1994 bis 2002 sowie erneut ab 2006, räumt Graf das Feld. Er sagt: freiwillig. Andere – auch aus der FPÖ – sagen, Parteichef Heinz-Christian Strache sei froh gewesen oder habe Graf sogar gedrängt. Immerhin gilt der 53-jährige Jurist aus Wien als sein Gegenspieler – und als größter „Buhmann“ der FPÖ. Offiziell drückte Strache „Respekt“ für Grafs Schritt „zum Schutz seiner selbst und der Familie“ (Graf) aus.

Vor allem als schlagender Burschenschafter der Olympia sorgte der FPÖ-Politiker immer wieder für Schlagzeilen. Etwa, als Holocaust-Leugner David Irving in einer Olympia-„Bude“ aufgetreten sein soll – oder als Graf den damaligen Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, 2009 indirekt als „Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus“ bezeichnete. Rücktrittsforderungen prallten an ihm ab.

Aktuell steht der Blaue, der sein Präsidentenamt seit 2008 innehat, in der Affäre um die Meschar-Privatstiftung einer 91-Jährigen in der Kritik: Er und zwei andere Ex-Vorstandsmitglieder, alle FPÖ-ler, sollen eigene Interessen statt jene der Stifterin gewahrt haben. Graf bestreitet das vehement. Einer Rekursentscheidung des Oberlandesgerichts Wien zufolge beging der Ex-Vorstand aber „grobe Pflichtverletzungen“. Dazu Graf: „Nicht nachvollziehbar.“ Auch wegen seiner Arbeit als Geschäftsführer im Forschungszentrum Seibersdorf bis 2006 wird gegen ihn ermittelt. Punkten konnte Graf als früherer Wissenschaftssprecher und Vorsitzender des Banken-U-Ausschusses.

„Zeit wird's“, hieß es zum nunmehrigen Rückzug von den Grünen bis zur SPÖ. Seine Zukunft sieht Graf in der Privatwirtschaft – zunächst in seiner Consultingfirma.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2013)

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